Nur etwa 15 Prozent der Materie des gesamten Universums sind für uns sichtbar. Den weitaus größten Teil macht die sogenannte Dunkle Materie aus. Diese ist nicht nur für den Menschen unsichtbar. Es gibt auch keine Teleskope, welche diese unsichtbare Materie messen können, egal in welchem Wellenlängenbereich. Und bisher sind auch keine sonstigen Instrumente oder Methoden zur Detektion von dunkler Materie bekannt.
Es gibt bisher nur indirekte Hinweise darauf, dass es im Universum sehr wahrscheinlich Dunkle Materie gibt oder geben muss. So ist die Bewegung vieler Sterne in den Galaxien sehr schnell. Und zwar so schnell, dass die Anziehungskraft der sichtbaren Materie nicht ausreicht, um diese Sterne in den Galaxien zu halten.
Ohne eine Anziehungskraft, die um ein Vielfaches größer ist als die Gravitationskraft der sichtbaren Materie, müssten diese Sterne sich aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit immer weiter von den Galaxien entfernen und sich schließlich ganz von diesen lösen. Doch da sie dies nicht tun, muss es außer der bekannten Materie noch eine weitere Anziehungskraft geben.
Ähnliche Hinweise auf die dunkle Materie gibt es durch den Gravitationslinseneffekt. Dieser ist bei manchen beobachteten Objekten so stark, dass er alleine durch die normale, sichtbare und messbare Materie nicht erklärt werden kann.
Es muss außer der uns bekannten Materie also noch eine unsichtbare Materie geben, welche durch die Gravitation (Schwerkraft) eine Anziehung auf die normale Materie ausübt. Und diese dunkle Materie muss insgesamt ungefähr das 5 bis 6-fache an Masse besitzen wie die gesamte sichtbare Materie.
Außer dieser Gravitationswirkung gibt es keine Wechselwirkung zwischen der Dunklen Materie und der normalen Materie, aus denen alle Atome, Lebewesen, Planeten, Sterne und Galaxien aufgebaut sind.
Deshalb gibt es bisher auch keinen direkten Nachweis, dass die Dunkle Materie tatsächlich existiert. Und auch die Eigenschaften dieser dunklen Materie sind völlig unbekannt.
Wissenschaftler forschen seit mehreren Jahrzehnten mit Theorien und Experimenten über die Dunkle Materie. Zwar gibt es verschiedene Theorien, was genau diese unsichtbare Materie sein könnte. Doch es gibt bisher keine experimentellen Ergebnisse, woraus Dunkle Materie besteht, aus welchen Teilchen sie aufgebaut ist oder welche Masse diese Teilchen haben.
Und dennoch sind die meisten Wissenschaftler im Bereich der Astrophysik und Kosmologie davon überzeugt, dass die Dunkle Materie existiert. Dies liegt auch daran, dass ohne diese bisher nicht nachgewiesene Materie nicht nur der Gravitationslinseneffekt und die zu schnelle Bewegung der Sterne nicht erklärt werden können.
Denn falls die Dunkle Materie nicht existieren sollte, würde dies auch bedeuten, dass manche Grundannahmen und Fundamente der heutigen Astrophysik eventuell fehlerhaft oder unvollständig sind.
Dies reicht von der Urknalltheorie (Big Bang) und der Entstehung von Sternen und Galaxien bis zum Verständnis von Raum und Zeit generell. Denn das sogenannte Standardmodell der Kosmologie ist nur dann in sich schlüssig, wenn 95 Prozent der Energie im Universum einen bis jetzt unbekannten Ursprung haben. Das ist neben der Dunklen Materie auch die Dunkle Energie.
Die uns bekannte Materie macht also nur etwa 5 Prozent der Energie und nur 15 Prozent der Materie im Universum aus. Aber wenn das Universum zu ungefähr 85 Prozent aus dunkler Materie besteht, warum ist dann so wenig darüber bekannt?
Warum gelang bisher kein Nachweis der dunklen Materie? Ist es möglich, dass es die dunkle Materie vielleicht doch nicht gibt? Und was genau würde dies für die Grundannahmen der Kosmologie bedeuten?
In diesem Artikel geben wir einen Überblick zum aktuellen Stand der Forschung über die dunkle Materie. Dabei gehen wir vor allem auch auf diese Punkte und Frage ein:
- Erste Hinweise auf Dunkle Materie
- Was ist der Unterschied zwischen dunkler Materie und dunkler Energie?
- Seit wann gibt es Dunkle Materie?
- Welches sind die wichtigsten Theorien zur Dunklen Materie?
- Woraus besteht Dunkle Materie?
- Bisherige und aktuelle Experimente zum Nachweis von Dunkler Materie
- Wie genau hängen Dunkle Materie und das Standardmodell der Kosmologie zusammen?
- Was bedeutet es, wenn es keine Dunkle Materie gibt?
- Welche Folgen würden sich für die Astrophysik ergeben?
- Welches sind die alternativen Theorien zur dunklen Materie?
Inhaltsverzeichnis
Dunkle Materie und Dunkle Energie
Was ist der Unterschied zwischen Dunkler Materie und Dunkler Energie? Und was haben sie gemeinsam?
Gemeinsamkeiten
Sowohl dunkle Materie als auch dunkle Energie konnten bisher nicht experimentell nachgewiesen werden. Deren Existenz ist aber eine nötige Annahme (Hypothese), um mit dem aktuellen Kenntnisstand der Astrophysik und Kosmologie verschiedene beobachtete Phänomene im Universum zu erklären.
Das gegenwärtige Standardmodell der Kosmologie postuliert (behauptet, fordert) also die Existenz von dunkler Materie und dunkler Energie.
Dabei ergaben sich erste Hinweise auf dunkle Materie seit ungefähr 1930. Dies waren vor allem die zu schnelle Geschwindigkeit von Sternen in den äußeren Bereichen von Galaxien, siehe hierzu das folgende Kapitel.
Hinweise auf die Existenz von dunkler Energie wurden Ende der 1990er Jahre durch die Messungen von Supernovae des Typs I gefunden. Diese sprechen für eine beschleunigte Expansion des Universums.
Und diese Beschleunigung lässt sich aktuell nur durch eine hypothetische konstante Energiedichte von bisher unentdeckter, dunkler Energie erklären.
Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass dunkle Materie und dunkle Energie nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirken. Die bekannte, sichtbare Materie hingegen absorbiert und emittiert elektromagnetische Wellen in verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums (Licht, UV, Infrarot, Mikrowellen, Radiowellen, Gammastrahlung).
Unterschiede
Dunkle Materie und Dunkle Energie wirken sehr unterschiedlich auf die bekannte, sichtbare Materie:
- Die Dunkle Materie übt durch Gravitationswirkung eine anziehende Kraft auf die sichtbare Materie aus.
- Die Dunkle Energie wirkt auf die bekannte Materie hingegen abstoßend und führt so zu einer beschleunigten Expansion des Universums
Wie viel Dunkle Materie gibt es?
Nach dem gegenwärtigen Standardmodell der Kosmologie besteht das Universum zu etwa 85 Prozent aus dunkler Materie und nur ca. 15 Prozent aus der bekannten, sichtbaren Materie. Damit enthält das Universum etwa 5 bis 6 Mal so viel dunkle Materie wie sichtbare Materie.
Aber woher kann man dies wissen, wenn die dunkle Materie nicht mit der bekannten Materie wechselwirkt und sich deshalb auch nicht messen lässt? Nur unter bestimmten Annahmen ist eine Berechnung des Anteils von dunkler Materie und auch der dunklen Energie möglich.
Die folgende Tabelle zeigt die prozentuale Verteilung der Energie und Materie im Universum, wie sie sich aus Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung ergeben.
Es sind die Werte für zwei verschiedene Messungen angegeben:
- Messungen mit der Raumsonde WAMP der NASA aus dem Jahr 2008
- Messungen mit dem PLANCK Weltraumteleskop der ESA aus dem Jahr 2013
WAMP (2008) | PLANCK (2013) | |
---|---|---|
Atome (bekannte Materie) | 4,6 % | 4,9 % |
Dunkle Materie | 23 % | 26,8 % |
Dunkle Energie | 72 % | 68,3 % |
Dabei ist zu beachten, dass beide Instrumente die Dunkle Materie und die Dunkle Energie nicht direkt messen konnten. Gemessen wurde jeweils die Verteilung der kosmischen Hintergrundstrahlung im Universum.
Aus dieser Verteilung kann der Anteil von dunkler Materie und dunkler Energie im Universum berechnet werden. Und für diese Berechnung wird angenommen, dass das aktuelle Standardmodell der Kosmologie stimmt.
Die angegebenen Prozente sind also keine Messwerte, sondern die Werte, die sich aus der gemessenen Verteilung der kosmischen Hintergrundstrahlung ergeben, wenn man das Standardmodell der Kosmologie (Lambda-CDM-Modell) annimmt.
Mit dieser Annahme lässt sich der Anteil von dunkler Materie und dunkler Energie für verschiedene Zeiten in der Geschichte und Expansion des Universums berechnen.
Die folgende Grafik zeigt die prozentuale Verteilung der Energie und Materie im Universum, wie sie sich aus den WAMP-Messungen und der Anwendung des Standardmodells der Kosmologie (Lambda-CDM-Modell) ergibt.
Dabei zeigt die obere Abbildung die Verteilung für das aktuelle Universum. Die untere Abbildung zeigt die Verteilung etwa 380.000 Jahre nach dem Big Bang, also in kosmischen Zeitmaßstäben relativ kurz nach dem Urknall.
Der Anteil der Dunklen Materie im Universum ist heute sehr viel geringer als kurz nach dem Urknall. Dafür hat der Anteil der Dunklen Energie deutlich zugenommen.
In diesem Artikel geht es im Folgenden vor allem um die Dunkle Materie. Auf die Dunkle Energie gehen wir genauer in einem weiteren Artikel ein.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Materie
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilkinson_Microwave_Anisotropy_Probe