Die nächsten Sternensysteme

Die meisten der Sterne am Nachthimmel sind unvorstellbar weit entfernt. Aber einige davon gehören zu den Nachbarn des Sonnensystems. Die nächsten Sternensysteme, Proxima Centauri, Alpha Centauri und der Barnards Pfeilstern, sind nur 4,2 bzw. 4,3 und 5,9 Lichtjahre entfernt.

Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt und entspricht ungefähr 9,46 Billionen Kilometer. Damit ist eine Entfernung von 4,2 Lichtjahren immer noch unvorstellbar groß. Doch es ist weitaus geringer als der Abstand zu den meisten anderen Sternensystemen, die mehrere Tausend oder sogar Millionen von Lichtjahren entfernt sind.

Sollte der Mensch irgendwann in der Zukunft die Technologie für interstellare Raumflüge entwickeln, wären diese nächsten Sternensysteme sicher die Ziele für die ersten Expeditionen außerhalb des Sonnensystems. Die Flüge dorthin würden wohl mehrere Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern.

Was würden die Menschen dort finden? Was wissen wir über die Sternensysteme, die der Erde und dem Sonnensystem am nächsten sind?
Durch Fernrohre, Bodenteleskope und Weltraumteleskope konnten bisher viele wichtige Daten und Informationen über die nahen und entfernten Nachbarsterne gesammelt werden.

Seit der Entdeckung von Exoplaneten im Jahr 1995 wissen wir, dass es außer dem Sonnensystem auch andere Sternensystem mit Planeten gibt. Und nach der Entdeckung von mehreren Tausend dieser Exoplaneten gehen Wissenschaftler davon aus, dass fest jedes Sternensystem auch Planeten enthält.

Welche weiteren Informationen haben wir über die nächsten Sterne?
In diesem Artikel geben wir einen Überblick der Informationen und Daten zu der näheren Umgebung des Sonnensystems. Dabei gehen wir auf diese Punkte und Fragen ein:

  • Welches sind die Nachbarsterne der Sonne und wie weit sind diese entfernt?
  • Welche Gemeinsamkeiten haben die nächsten Sterne mit der Sonne?
  • Und wodurch unterscheiden sich diese Sternensysteme vom Sonnensystem?
  • Wie können wir die Entfernungen zu den nächsten Sternen messen?
  • Woher wissen wir den Sternentyp, das Alter und die Massen dieser Sterne?
  • In welchen dieser nahen Sternensysteme haben wir bereits Planeten entdeckt?
  • Und was wissen wir über diese Exoplaneten?

Die nahe Umgebung des Sonnensystems

In einer sternenklaren Nacht sehen wir am Firmament Hunderte von Sternen. Und bei sehr guten Bedingungen sind am Nachthimmel unzählbar viele Sterne zu sehen. Die meisten davon sind mehrere Tausend oder sogar Millionen von Lichtjahren entfernt.

Doch die Entfernungen zu manchen dieser Sterne sind sehr viel geringer.

Wie weit sind die nächsten Sternensysteme entfernt?

Die nächsten Sternensysteme sind nur einige Lichtjahre entfernt:

  • Proxima Centauri ist der nächste Stern zur Erde und etwa 4,2 Lichtjahre entfernt.
  • Genau 10 Sternensysteme befinden sich in einem Umkreis von 10 Lichtjahren.
  • In einem Umkreis von 20 Lichtjahren sind etwas über 100 Sternensysteme
  • In einem Umkreis von 50 Lichtjahren sind es bereits ungefähr 1.400 Sternensysteme.
  • Und in einem Umkreis von 100 Lichtjahren sind es schon ca. 60.000 Sternensysteme, die mit einem Teleskop sichtbar sind.

Was ist über die Sterne in der nahen Umgebung der Sonne bekannt?

Im Folgenden stellen wir einige diese Sterne genauer vor. Dabei gehen wir hier zunächst nur auf einige der interessanten Nachbarsterne ein. Eine komplette Tabelle der Sternensysteme im Umkreis von 15 Lichtjahren findet Ihr in dem Kapitel: Liste der Erdnächsten Sternensysteme.

Proxima Centauri: 4,246 Lichtjahre

Der nächste Stern zur Sonne ist Proxima Centauri. Dieser Stern gehört eigentlich zum Alpha Centauri System, ein Sternensystem aus drei Sternen. In diesem Dreifachsternsystem befinden sich auch die viel helleren und größeren Sterne Alpha Centauri A und Alpha Centauri B. Der Abstand von Proxima Centauri zu diesen beiden anderen Sternen ist allerdings sehr groß (0,21 Lichtjahre). Deshalb werden oft auch nur die beiden Sterne Alpha Centauri A und B zu einem System gezählt.

Seit 2016 und 2019 wissen wir, dass sich um den roten Zwergstern Proxima Centauri auch zwei Exoplaneten befinden:

  • Proxima Centauri b ist der erdnächste Exoplanet. Er befindet sich in der habitablen Zone des Sternensystems. Das bedeutet, es könnte flüssiges Wasser auf der Oberfläche des Planeten existieren, was wiederum eine Voraussetzung für die Möglichkeit von eventuellem Leben ist.
  • Proxima Centauri c ist ein Exoplanet der Klasse Mini-Neptun bzw. Super-Erde. Er ist etwa 7-mal so schwer die Erde und befindet sich so weit vom Stern entfernt, dass die Bedingungen, insbesondere die Temperatur, wahrscheinlich kein Leben ermöglichen.

Alpha Centauri A und B: 4,34 Lichtjahre

Alpha Centauri ist ein Doppelsternsystem, zu dem der Gelbe Zwergstern Alpha Centauri A und der orange Zwergstern Alpha Centauri B, ein Hauptreihenstern der Spektralklasse K, gehören.
Wie 2016 gezeigt wurde, gehört genaugenommen auch Proxima Centauri zu diesem System, welche dann zusammen ein Dreifachsternensystem bilden (siehe oben).

Alpha Centauri A ist etwa 1,5-mal so hell wie die Sonne und damit der vierthellste Stern am Nachthimmel. Er ist ungefähr 1,2-mal so groß wie die Sonne, wiegt ca. 1,1 Sonnenmassen und hat eine Oberflächentemperatur von etwa 5800 Kelvin.

Alpha Centauri B ist mit einer Größe von ca. 0,86 Sonnenradien und einem Gewicht von ungefähr 0,93 Sonnenmassen kleiner und leuchtet schwächer, etwa halb so stark wie die Sonne. Die Temperatur an der Oberfläche beträgt etwa 5.300 Kelvin.

Mit dem bloßen Auge sind die beiden Sterne von der Erde aus nur als ein Punkt, also nicht als zwei einzelne Sterne zu erkennen. Zusammen erscheinen Alpha Centauri A und B so als der dritthellste Stern am Nachthimmel. Allerdings sind sie nördlich von 33 Grad Süd, und damit auch in den Breitengraden Deutschlands, nicht zu sehen.

Für das System aus Alpha Centauri A und B konnten bisher keine Exoplaneten nachgewiesen werden. Es gibt jedoch seit 2021 einen möglichen Kandidaten (Alpha Centauri Ab bzw. Candidate C1), dessen tatsächliche Existenz aber noch bestätigt werden muss.

Falls es im Alpha Centauri System Planeten geben sollte, wären die Sterntypen sowohl von Alpha Centauri A (G2 V) als auch von Alpha Centauri B (K1) gute Bedingungen für die Existenz von möglichem Leben.

Barnards Pfeilstern: 5,963 Lichtjahre

Der Barnards Pfeilstern ist ein Stern vom Typ Roter Zwerg und der Spektralklasse M. Die Größe des Sterns beträgt nur etwa ein Fünftel der Größe der Sonne. Und auch die Leuchtkraft ist sehr gering, weniger als 1 Prozent der Leuchtkraft der Sonne.
Dadurch ist Barnards Pfeilstern mit dem bloßen Auge nicht sichtbar, obwohl der Stern der viertnächste Stern zur Erde ist. Der Barnards Pfeilstern ist ca. 12 Milliarden Jahre alt, und damit mehr als doppelt so alt wie die Sonne (etwa 4,57 Milliarden Jahre alt).

Mit einer auffällig hohen Geschwindigkeit von 143 km pro Sekunde relativ zum Sonnensystem gehört der Barnards Pfeilstern zu den sogenannten Schnellläufern und ist sogar der schnellste Stern am Nachthimmel.
Diese hohe Geschwindigkeit sorgt auch dafür, dass sich der Abstand zum Sonnensystem in den nächsten Jahrtausenden deutlich verringert. So wird im Jahr 11.800 unserer Zeitrechnung nicht mehr Proxima Centauri, sondern der Barnards Pfeilstern der nächste Stern zum Sonnensystem sein.

Bereits in den 1960er Jahren kamen einige Astronomen zu dem Schluss, dass um den Stern ein Exoplanet kreist. Dieser sollte etwa so groß sein wie der Jupiter im Sonnensystem. Spätere Messungen konnten die Deutung aber nicht bestätigen.
Dann gab es 2018 modernere Messungen, die ebenfalls zu dem Ergebnis kamen, dass ein Exoplanet in dem System existiert. Auch diese Studien konnten allerdings letztendlich nicht bestätigt werden. Es gibt also nach dem heutigen Kenntnisstand keine Exoplaneten um den Barnards Pfeilstern.

Lalande 21185: 8,304 Lichtjahre

Dies ist das sechstnächste Sternensystem zur Erde und gehört zum Sternbild Großer Bär. Lalande 21185 wird auch oft als Gliese 411 bezeichnet und ist ein Stern vom Typ Roter Zwerg, die Leuchtkraft beträgt etwa 2% der Sonne.
Der Stern kann deshalb nur mit einem Teleskop gesehen werden. Auch die Masse ist mit etwa 0,4 Sonnenmassen entsprechend kleiner und die Oberflächentemperatur mit 3.600 K geringer (Sonne: 5.700 K).

Zum Lalande 21185 System gehören 2 Exoplaneten. Deren Existenz wurde bereits seit den 1940er Jahren vermutet, da Störungen in der Bewegung des Sterns gemessen wurden.

Seit 2019 bzw. 2021 gilt der Nachweis von zwei Exoplaneten um Lalande 21185 durch die Radialgeschwindigkeitsmethode als bestätigt. Lalande 21185 b hat eine Masse von etwa 2,6 Erdmassen und umkreist den Stern in einem geringen Abstand etwa alle 13 Tage.

Lalande 21185 d ist etwa 14 Erdmassen groß und hat eine Umlaufzeit (Orbitalperiode) von ca. 2.800 Tagen. Beide Planeten befinden sich außerhalb der habitablen Zone. Ein weiterer Planet, Lalande 21185 c, gilt aktuell noch als Kandidat. Dieser könnte eine Masse von etwa 4 Erdmassen haben und den Stern alle 215 Tage umkreisen.

Sirius: 8,583 Lichtjahre

Sirius, der hellste Stern am Nachthimmel, ist ein Doppelsternsystem und etwa 8,6 Lichtjahre entfernt. Es besteht aus den Sternen Sirius A und Sirius B.

Sirius A, ein weiß-blauer Stern der Spektralklasse A1, gehört zum Sternbild Grosser Hund und wird auch oft der Hundsstern genannt. Mit einer Leuchtkraft von -1,46 mag ist Sirius A etwa 25-mal so hell wie die Sonne. Der Stern ist auch etwa 2,1-mal so schwer und etwa 1,7-mal so groß wie die Sonne.

Und die Temperatur auf der Oberfläche von Sirius A ist mit ca. 10.000 Kelvin fast doppelt so hoch wie auf der Sonne. Mit einem Alter von ungefähr 0,24 Milliarden Jahren gehört Sirius A, wie alle weiß-blauen Sterne, zu den sehr jungen Sternen. Zum Vergleich: Die Sonne ist etwa 4,57 Milliarden Jahre alt.

Sirius B ist ein Weißer Zwerg der Spektralklasse DA2 und gehört mit einem Alter von 0,23 Milliarden Jahren ebenfalls zu den sehr jungen Sternen. Seine Oberflächentemperatur beträgt etwa 26.000 Kelvin. Die Masse ist mit 0,98 Sonnenmassen ähnlich wie die der Sonne, doch mit einem Radius von etwa 0,0086 Sonnenradien ist Sirius B deutlich kleiner als die Sonne.

Im Sirius System sind bisher keine Exoplaneten nachgewiesen.

Epsilon Eridani: 10,480 Lichtjahre

Der Stern Epsilon Eridani hat eine Leuchtkraft von etwa 35 Prozent der Sonne und ist ca. 10,5 Lichtjahre entfernt. Dennoch kann der Stern der Spektralklasse K2 V mit dem bloßen Auge im Sternbild Eridanus gesehen werden.

Epsilon Eridani ist etwa 0,7 Sonnenradien groß, ca. 0,85 Sonnenmassen schwer und gehört zu den veränderlichen Sternen, genauer zu den BY-Draconis-Sternen. Flecken in der Photosphäre des Sterns führen dazu, dass die Helligkeit des Sterns periodisch variiert (etwa von 3,68 bis 3,78 mag).

Um Epsilon Eridani kreist ein Exoplanet, dessen Existenz 2000 und 2006 nachgewiesen wurde. Epsilon Eridani b ist etwa 0,7 Jupitermassen schwer und umkreist den Stern ungefähr alle 2.670 Tage. Ein weiterer Exoplanet, Epsilon Eridani c, wird in einem dichten Staubgürtel vermutet.

Auch zwei Asteroidengürtel, einer in ähnlichem Abstand wie der im Sonnensystem, konnten um Epsilon Eridani mit dem Weltraumteleskop Spitzer gemessen werden.

Ross 128: 11,007 Lichtjahre

Ross 128 gehört, wie etwa 75 Prozent aller Sterne in der Milchstraße, zu den Roten Zwergsternen. Es ist außerdem ein veränderlicher Stern der Klasse UV-Ceti-Sterne. Das bedeutet, die Helligkeit des Sterns variiert aufgrund starker Eruptionen an der Oberfläche (Flares).

Die Masse von Ross 128 beträgt etwa 18 Prozent der Sonnenmasse und der Radius ca. 20 Prozent des Sonnenradius. Seine Leuchtkraft ist sehr gering und variiert zwischen etwa 3 bis 4 Prozent der Leuchtkraft der Sonne.

Im Orbit um Ross 128 befindet sich ein erdähnlicher Exoplanet, wahrscheinlich in der habitablen Zone. Ross 128 b umkreist den Stern in einem Abstand von etwa 0,05 Astronomischen Einheiten und hat eine Masse von ca. 1,3 Erdmassen.

Periodische Signale, die im Mai 2017 vom Arecibo-Radioteleskop gemessen wurden, deuteten einige Wissenschaftler zuerst so, dass sie aus dem Ross-128 System kamen. Später stellte sich aber heraus, dass diese Signale menschlichen Ursprungs waren, wahrscheinlich von Satelliten im Erdorbit.