Welche verschiedenen Sterntypen und Spektralklassen gibt es? Von Weißen Zwergen und Roten Riesen haben wohl die meisten schon gehört. Und auch, dass unsere Sonne ein Stern der Spektralklasse G2 ist, dürfte manchen bekannt sein. Doch wie viele verschiedene Typen und Klassen von Sternen gibt es eigentlich?
Wie hängen diese mit der Leuchtkraft, der Temperatur, der Größe und dem Alter eines Sterns zusammen? Und was haben die Sterntypen und Spektralklassen wiederum damit zu tun, ob in einem Sternensystem eventuell Leben möglich ist?
Die Klassifizierung der Sterne anhand ihrer charakteristischen Daten ist eine der wichtigsten Methoden, um die Astrophysik und die Kosmologie von Sternen zu verstehen. Die Größe, Masse, Leuchtkraft und Temperatur sowie insbesondere das ausgesandte Licht sagen uns viel über die Entstehung und Entwicklung von Sternen. Und es ermöglicht uns sogar, weit entfernte Sternensysteme und deren Exoplaneten zu erforschen.
Wie funktioniert das genau? Welche Daten und Informationen enthält das Lichtspektrum eines Sterns? Welche weiteren Methoden waren für die Klassifikation von Sternen entscheidend?
In diesem Artikel geben wir einen Überblick der wichtigsten Informationen und Daten zum Thema Spektralklassen und Typen von Sternen. Dabei gehen wir auf die wissenschaftlichen Hintergründe entsprechend der historischen Entwicklung der Forschung ein. Wir versuchen also, die wichtigsten Entdeckungen auf dem Gebiet in der zeitlichen Reihenfolge darzustellen.
Und wir wollen mit den folgenden Kapiteln vor allem auch diese Fragen beantworten:
- Welche verschiedenen Sterntypen und Spektralklassen gibt es?
- Was sind Hauptreihensterne?
- Zu welcher Spektralklasse gehört unsere Sonne?
- Wie viele Sterne mit einem Spektraltyp ähnlich wie die Sonne gibt es?
- Welche weiteren Spektralklassen ermöglichen eventuell die Existenz von Leben?
- Was sind Weiße Zwerge und Rote Riesen?
- Wie wird sich unsere Sonne in den nächsten Millionen und Milliarden von Jahren entwickeln?
- Wird die Sonne in vielen Milliarden Jahren immer heißer und größer und irgendwann in einer Supernova explodieren?
- Oder wird die Sonne irgendwann verglühen und dann zu einem Roten Riesen oder einem Weißen Zwerg?
- Wie verläuft allgemein die Entwicklung und der Lebenszyklus von Sternen?
- Was sind Neutronensterne? Aus welchen Sternen können sich Schwarze Löcher bilden?
- Und was hat all dies mit dem Hertzsprung-Russell-Diagramm zu tun?
Inhaltsverzeichnis
Klassifizierung der Sterne
Tausende von Sternen befinden sich am Nachthimmel. Mit dem bloßen Auge erkennt man, dass einige sehr viel größer und heller sind als andere. Eventuell sieht man bei guten Bedingungen auch einige Unterschiede in der Farbe. Viele Sterne sind jedoch so klein und leuchten so schwach, dass sie nur mit technischen Hilfsmitteln zu sehen sind.
Mit Fernrohren kann man bereits erheblich mehr Sterne erkennen. Und man kann auch verschiedene Farben für die Sterne ausmachen, wie vor allem Weiß, Gelb, Rot und Blau.
Und mit modernen Instrumenten wie Bodenteleskopen und Weltraumteleskopen kann man noch viele weitere Unterschiede in den Millionen und Milliarden von Sternen erforschen.
Diese Teleskope haben Spiegel mit Durchmessern von 0,5 m bis über 10 m und können so das Licht eines Sterns sammeln, bündeln und sehr viel genauer untersuchen. Insbesondere die spektrale Analyse des von einem Stern ausgesandten Lichts ermöglicht es, die Sterne zu Klassen zusammenfassen.
Wie funktioniert das genau?
Spektrale Analyse von Sternen
Das Licht eines Sterns wird durch ein Prisma in die verschiedenen Farben zerlegt. Hier sieht man noch deutlicher, welche Farbe im Spektrum dominiert.

Auch fällt auf, dass an manchen Stellen (also Wellenlängen) schwarze Linien im Spektrum erscheinen. Dies sind die Absorptionslinien von ganz bestimmten chemischen Elementen, welche sich in an der Oberfläche des Sterns befinden.
Die von einem Stern ausgehende elektromagnetische Strahlung wird durch Kernfusion im extrem heißen Sterninnern erzeugt. Wenn die Strahlung die erheblich kältere Oberfläche passiert, absorbieren dort Atome die Strahlungsenergie an den für die jeweiligen Elemente charakteristischen Wellenlängen.
Die folgende Abbildung zeigt das Lichtspektrum der Sonne im für das menschliche Auge sichtbaren Bereich (etwa 380 bis 750 nm). Die schwarzen Absorptionslinien resultieren aus den chemischen Elementen in der Atmosphäre der Sonne und sind nach dem Alphabet gekennzeichnet. Diese Absorptionslinien im Sonnenspektrum werden oft auch nach ihrem Entdecker Joseph von Fraunhofer als Fraunhoferlinien bezeichnet.

Historische Entwicklung
Die ersten spektralen Analysen von Sternen wurden gemacht, indem ein Prisma hinter ein Fernrohr in den Strahlengang des Sternenlichts gestellt wurde.
Später war es möglich, die Spektren durch fotografische Methoden zu untersuchen.
Die Astrofotografie und Astronomische Spektroskope entwickelten sich ab etwa 1860 rasant und waren entscheidend für viele Entdeckungen der modernen Astronomie, insbesondere auch für die Klassifizierung der Sterne.
Eine weitere Verbesserung der spektralen Analysen von Sternen gelang durch die genaue quantitative Untersuchung des Sternlichtes. Ab ca. 1900 wurden Messgeräte entwickelt, welche den photoelektrischen Effekt nutzten und das einfallende Licht in elektrischen Strom umwandeln konnten. Die Intensität des Lichtes als Funktion der Wellenlänge konnte mit solchen Spektrometern sehr genau gemessen werden.
Über mehrere Jahrzehnte wurden von zahlreichen Forschern Tausende von Sternspektren untersucht. Und schon bald wurde so ein Zusammenhang des Spektrums mit andern charakteristischen Größen des Sterns festgestellt:
- die Größe und die Leuchtkraft eines Sterns verändern insgesamt die Intensität des Spektrums.
- die Temperatur eines Sterns bestimmt dessen Farbe und damit auch, bei welchen Wellenlängen im Spektrum die meiste Intensität ausgestrahlt wird.
- Die Absorptionslinien in den Spektren erscheinen bei manchen Gruppen von Sternen an den gleichen Stellen. Da diese Linien charakteristisch für die chemischen Elemente sind, ist folglich auch die Zusammensetzung dieser Sterne sehr ähnlich.
Die ersten Fortschritte in der spektralen Analyse von Sternen verliefen parallel zu bedeutenden Entdeckungen und Erkenntnissen, welche in dieser Zeit in der Physik gemacht wurden. Hier sind insbesondere die Schwarzkörperstrahlung, das Wiensche Verschiebungsgesetz und generell das Verstehen der Emission und Absorption von Licht durch Atome zu nennen.
Klassifizierung anhand der Farbe
Eine erste Klassifikation der Sterne erfolgte etwa ab 1860 und wurde etwa bis 1900 in mehreren Schritten verfeinert. Sie basiert vor allem auf den Arbeiten von Secchi, Draper und Maury. Hier ein kurzer historischer Überblick dazu:
- 1878 gruppierte Secchi die Sterne anhand ihrer Farben. Er verwendete dafür 5 verschiedene Gruppen, welche er mit den römischen Symbolen für die Zahlen 1 bis 5 bezeichnete.
- Draper benutzte im Wesentlichen die gleichen Gruppen, führte jedoch eine feinere Unterteilung ein und verwendete dafür die Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge.
- Maury verwendete 22 Spektralklassen und benutzte dafür wieder die römischen Symbole. Sie unterteilt zudem die Secchi Spektralklasse I in zwei verschiedene Hauptgruppen. Dabei ordnete sie die blauen Sterne (I bis V) vor den weißen Sternen (VII bis XI) an. Diese Reihenfolge wird auch aktuell verwendet.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick der Klassifizierung von Sternen anhand ihrer Farbe, wie sie etwa von 1860 bis 1900 verwendet wurde. Im Vergleich dazu sind auch die entsprechenden aktuellen Spektralklassen angegeben.
Farbe des Sterns | charakteristische Linien | Secchi | Draper | Maury | aktuell |
---|---|---|---|---|---|
blau | I bis V | B | |||
weiß und blau | starke Wasserstofflinien | I | A bis D | VII bis XI | B, A, F |
gelb | schwächere Wasserstofflinien | II | E bis L | XIII bis XVI | G, K, F |
orange bis rot | komplexe Spektren | III | M | XVII bis XX | M |
rot | Kohlenstofflinien | IV | N | XXI | C, S |
Emissionslinien | V | O, P | XXII | O, Be |
Wie die Tabelle zeigt, werden die von Draper eingeführten Buchstaben auch aktuell verwendet. Allerdings mit einer anderen Reihenfolge (basierend auf den Arbeiten von Maury). Und es gibt einen weiteren wichtigen Unterschied: Die aktuelle Klassifizierung der Sterne erfolgt anhand der Temperatur.
Doch wie bestimmt man die Temperatur eines Sterns?
Wie hängen Temperatur und Farbe eines Sterns zusammen?
Die Entfernung zu den Sternen ist so groß, dass deren Temperatur nicht direkt gemessen werden kann. Allerdings ist eine indirekte Messung der Temperatur durch das Lichtspektrum des Sterns möglich.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts gelangen durch eine Reihe von experimentellen und theoretischen Arbeiten bedeutende Fortschritte im Verständnis der Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit Materie.
Insbesondere stellten das Wiensche Verschiebungsgesetz (1894) und das Plancksche Strahlungsgesetz (1900) einen Zusammenhang her zwischen der Temperatur eines Sterns und der Wellenlänge, bei welcher dieser Stern das Maximum der Intensität ausstrahlt.
Dieser Zusammenhang war extrem wichtig für die weiteren Fortschritte in der Klassifikation von Sternen: Die Wellenlänge, bei der das jeweilige Sternspektrum die maximale Intensität hat, kann gemessen werden. Und dies ermöglicht es, den Sternen eine Temperatur zuzuordnen.
Die folgende Abbildung zeigt schematisch am Beispiel von drei verschiedenen Spektralklassen, wie dies vom Prinzip her funktioniert:

Die obige Abbildung zeigt die Intensität des elektromagnetischen Spektrums im Bereich von 0 bis 2.000 Nanometern für drei Sterne mit den Farben Rot, Gelb und Blau. Diese Sterne haben jeweils eine sehr unterschiedliche Oberflächentemperatur, und damit auch eine andere Spektralklasse.
Man sieht, dass für den heißesten Stern, also den Blauen Stern mit einer Temperatur von 8.000 Kelvin (K) die Intensität bei allen Wellenlängen größer ist als bei dem Gelben Stern (Temperatur: 5.000 K, Spektralklasse: G).
Für den kältesten Stern, der Rote Stern mit einer Temperatur von 3.000 K und der Spektralklasse M, ist die Intensität des ausgestrahlten Lichtspektrums noch einmal geringer.
Auch fällt auf, dass das Maximum der Intensität bei den drei verschiedenen Kurven an verschiedenen Wellenlängen auftritt:
- Für den roten Stern liegt das Maximum bei Wellenlängen um etwa 850 bis 900 Nanometer, welche infraroter Strahlung entsprechen.
- Beim Gelben Stern ist das Maximum im sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums, bei etwa 600 Nanometer (nm).
- Und für den Blauen Stern (Spektralklasse A) ist das Maximum bei Wellenlängen von etwa 350 nm, was ultravioletter Strahlung entspricht.
Diese Unterschiede ergeben sich aus dem Wienschen Verschiebungsgesetz:
Je höher die Temperatur der Strahlungsquelle, um so mehr verschiebt sich das Maximum der ausgestrahlten Intensität zu kleineren Wellenlängen.