Anstieg des Meeresspiegels

In Bojen-Messungen und Satellitenmessungen wird seit vielen Jahren ein deutlicher Anstieg des Meeresspiegels festgestellt. Auch zeigen beide Messdatensätze, dass der globale Meeresspiegel mit der Zeit immer schneller ansteigt: In den Jahren von 1901 bis 2010 waren es ca. 1,7 mm pro Jahr, in den Jahren von 1993 bis 2010 bereits 3,2 mm pro Jahr, und von 2013 bis 2021 ca. 4,5 mm pro Jahr.

Was ist für die Zukunft zu erwarten, wenn dieser Trend anhält? Welche Gefahren bringt der steigende Meeresspiegel mit sich? Werden die Meere immer weiter ansteigen und ganze Städte und Länder überfluten?

Tatsächlich wird genau dies für eine Reihe von Gebieten prognostiziert. Insbesondere für küstennahe Regionen und Städte besteht eine steigende Gefahr für Überschwemmungen. Und dies sind weltweit die Gebiete, in denen die meisten Menschen wohnen. In vielen Großstädten und Regionen in Küstennähe sind die Auswirkungen bereits jetzt zu spüren.

Doch der bis jetzt zu messende Anstieg ist erst der Anfang. Der Meeresspiegel wird bis zum Ende dieses Jahrhunderts immer weiter ansteigen. Und die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs wird weiter zunehmen. Was bedeutet dies für die Menschen, für die Wirtschaft und für das Klimasystem?

In diesem Artikel fassen wir den aktuellen Kenntnisstand und die wichtigsten Informationen zum Thema steigender Meeresspiegel zusammen. Dabei gehen wir vor allem auch auf diese Punkte und Fragen ein:

  • Wie kann man den Meeresspiegel messen?
  • Was genau sind der mittlere Meeresspiegel und der globale Meeresspiegel?
  • Welche Messungen bestätigen den Anstieg des Meeresspiegels?
  • Um wie viel cm ist der Meeresspiegel angestiegen?
  • Welche Länder und Städte sind am meisten von den Folgen des ansteigenden Meeresspiegels betroffen?
  • Welche Kosten kommen auf die Staaten zu, die sich einem höheren Meeresspiegel anpassen müssen?
  • Gibt es Möglichkeiten, die Städte und Menschen vor dem Anstieg des Wasserspiegels zu schützen?
  • Wie stark trägt das Schmelzen der Gletscher zum Anstieg des Meeresspiegels bei?
  • Was passiert, wenn durch den Klimawandel weitere große Eisflächen der Arktis und Antarktis schmelzen?
  • Um wie viel wird der Meeresspiegel bis zum Jahr 2050 oder 2100 ansteigen?
Fluten und Überschwemmung durch Klimawandel
Fluten und Überschwemmungen werden durch den Anstieg des Meeresspiegels weltweit zunehmen. Vor allem küstennahe Regionen sind davon betroffen.

Meeresspiegel: Definition, Schwankungen, Anstieg

Was ist eigentlich der Meeresspiegel?

Der Meeresspiegel ist die Höhe der Meeresoberfläche.
Aber was bedeutet dies genau? Um dies zu verstehen, müssen wir etwas ausholen: Die Höhe des Meeresspiegels ergibt sich im Wesentlichen aus der Erdanziehungskraft, also dem Erdschwerefeld. Das wiederum resultiert vor allem aus der Form der Erde und der Verteilung der Erdmassen.

Die Form der Erde (das Geoid) ist keine Kugel, sondern eine Ellipse. Die Drehung der Erde um sich selbst bewirkt, dass die Erdoberfläche am Äquator weiter entfernt ist von Erdmittelpunkt als an den Polen: Die Erde ist ein Rotationsellipsoid.
Damit ist auch die Erdanziehungskraft am Äquator etwas höher. Zudem ist die Masse im Erdinneren nicht gleichmäßig verteilt. Und es gibt Gebiete mit sehr hohen, massiven Gebirgen und noch größere Vertiefungen wie Meeresgräben.

Diese Faktoren bewirken alle, dass auf der Erdoberfläche auch bei gleicher Entfernung vom Erdmittelpunkt nicht die gleiche Erdanziehungskraft wirkt. Die Höhen gleicher Erdanziehungskraft verlaufen also nicht kreisförmig um das Geoid, sondern werden auch durch lokale Unterschiede beeinflusst. Und daher ist auch die Gravitationskraft auf die Wassermassen der Meere an verschiedenen Orten nicht die Gleiche.

Diese Unterschiede in der Erdanziehungskraft sind messbar und nicht gering: Die aus der Erdgravitation resultierende Fallbeschleunigung beträgt am Äquator 9,780 m/s² und am Nordpol und Südpol jeweils 9,832 m/s². In den Anden, auf einer Höhe von etwa 6.700 Metern beträgt die Schwerebeschleunigung nur 9,7639 m/s².
Diese lokal unterschiedlichen Erdanziehungskräfte bewirken, dass der Meeresspiegel nicht perfekt der Form des Geoids folgt: Das Meer wird an verschiedenen Orten unterschiedlich stark zum Erdmittelpunkt gezogen.

So beträgt der über den Meeresspiegel definierte Radius der Erde am Äquator 6.378,137 km. An den Polen ist der Erdradius 6.356,752 km und der mittlere Erdradius beträgt 6.371,001 km.

Kurz zusammengefasst: Der Meeresspiegel folgt den Linien, auf denen die Erdanziehung gleich stark ist. Diese Äquipotentialflächen sind, wie oben beschrieben, vor allem durch die ellipsoide Form der Erde und die ungleichmäßige Verteilung der Erdmasse bestimmt.

Schwankungen des Meeresspiegels

Das Meer ist zudem in ständiger Bewegung, und auch der Meeresspiegel ist deshalb zeitlich sehr variabel und schwankt von Tag zu Tag, Stunde zu Stunde und Sekunde zu Sekunde. Woraus ergeben sich diese Schwankungen?

Ein sehr starker äußerer Einfluss auf den Meeresspiegel ist der Mond: Durch seine Anziehungskraft bewirkt der Erdtrabant, dass die Wassermassen der Rotation des Mondes um die Erde folgen. Dies ist bekanntermaßen der Grund für die Gezeiten Ebbe und Flut. Hieraus ergeben sich periodische Schwankungen in der Höhe des Meeresspiegels, welche mehrere Meter betragen können.

Weitere Faktoren, welche zu Schwankungen in der Höhe des Meeresspiegels führen, sind vor allem:

  • Meeresströmungen
  • Winde, welche Wellen verursachen
  • der Druck der Atmosphäre über dem Meer
  • Temperatur und
  • Salzgehalt

Diese Faktoren sind sowohl von Ort zu Ort verschieden als auch zeitlich variabel. Die sich daraus ergebenden Schwankungen des Meeresspiegels können einige Zentimeter, aber auch mehrere Meter ausmachen.

Mittlerer Meeresspiegel

Mittelt man die Höhe des Meeresspiegels an einem Ort über einen langen Zeitraum (mehrere Monate bis mehrere Jahre) so ergibt sich ein mittlerer Meeresspiegel. Dieser entspricht an vielen Orten fast den Höhen mit einer gleichen Stärke des Schwerkraftfelds der Erde.

Meeresspiegelanstieg

Der mittlere Meeresspiegel wird seit ca. 1880 bzw. 1890 an vielen Orten auf der Welt kontinuierlich gemessen und protokolliert. Dies geschieht durch Bojen-Messungen, welche von kurzzeitigen Schwankungen nur minimal beeinflusst werden. Dabei wird an allen Orten seit vielen Jahrzehnten ein stetiger Anstieg des Meeresspiegels festgestellt.

Globaler mittlerer Meeresspiegel

Indem sie die Messungen des mittleren Meeresspiegels an vielen Orten der Welt auswerten, können Wissenschaftler einen globalen mittleren Meeresspiegel bestimmen. Auch für diesen weltweit gemittelten Meeresspiegel wird seit über 100 Jahren ein Anstieg gemessen.

Die folgende Abbildung zeigt den globalen Meeresspiegelanstieg, wie er durch weltweite Bojen-Messungen seit 1880 beobachtet wird. Auch sieht man, dass die Geschwindigkeit, mit welcher der Meeresspiegel steigt, mit der Zeit zunimmt.

Meeresspiegel Bojenmessungen 1880 bis 2022
Grafik1: Globaler Meeresspiegel, bestimmt aus Bojen-Messungen für die Jahre 1880 bis 2022. Credit: National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA)

Um wie viel cm ist der Meeresspiegel angestiegen?

Von 1880 bis 2020 ist der globale Meeresspiegel um ca. 22 cm angestiegen, siehe Grafik 1.

Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs

Die Bojen-Messungen von 1880 bis 2020 (Grafik 1) zeigen eindeutig, dass die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs über die Jahre zugenommen hat:

  • In den 80 Jahren von 1900 bis 1980 ist der Meeresspiegel um ca. 10 cm angestiegen.
  • Für die 40 Jahre von 1980 bis 2020 beträgt der Anstieg ebenfalls ca. 10 cm.
  • Die Geschwindigkeit des Anstiegs hat sich also etwa verdoppelt.

Satellitenmessungen

Seit ungefähr 1993 kann der Meeresspiegel auch durch Satelliten gemessen werden. Auch hier zeigt sich ein Anstieg, dessen Geschwindigkeit in den letzten Jahren zunimmt.

Globaler Meeresspiegel, bestimmt aus Satelliten-Messungen für die Jahre 1993 bis 2022. Credit: National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA)

Die Abbildung zeigt den Meeresspiegelanstieg, wie er aus Satellitenmessungen seit 1993 beobachtet wird. In dem Zeitraum kamen mehrere Instrumente auf verschiedenen Satelliten zum Einsatz: Topex, Jason-1, Jason-2, Jason-3.

Ursachen für den Anstieg des Meeresspiegels

Grund für den immer schnelleren Anstieg ist der Klimawandel und seine Folgen. Simulationen, welche die Auswirkungen einer globalen Temperaturerhöhung auf den Meeresspiegel berechnen, können den beobachteten Anstieg gut reproduzieren.

Auch kann der Betrag der einzelnen Quellen (Schmelzen der Gletscher, thermische Ausdehnung) quantifiziert werden. Und auch die zunehmende Geschwindigkeit, mit der der Anstieg des Meeresspiegels erfolgt, stimmt mit den Modellierungen überein.

Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Meeresspiegel
https://de.wikipedia.org/wiki/Geoid
https://de.wikipedia.org/wiki/Geod%C3%A4tisches_Erdmodell
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwerefeld#Erdschwerefeld
https://en.wikipedia.org/wiki/Sea_level
https://en.wikipedia.org/wiki/Sea_level_rise
Church and White (2011): Sea-Level Rise from the Late 19th to the Early 21st Century. Surveys in Geophysics, 32(4-5), 585–602. http://doi.org/10.1007/s10712-011-9119-1