JWST erste Bilder

Am 12. Juli 2022 präsentierte die NASA die ersten wissenschaftlichen Bilder des James-Webb-Teleskops. Es waren atemberaubende Bilder und Messungen von entfernten Galaxien, Sternen und Exoplaneten in bis dahin einmaliger Qualität. Und es war der Start der wissenschaftlichen Mission des bisher größten und teuersten Weltraumteleskops.

5 Bilder wurden von den Wissenschaftlern des NASA Webb Teams ausgewählt, um die Leistungsfähigkeit des modernsten Weltraumteleskops zu demonstrieren. Und bereits mit diesen ersten 5 Bildern hat das JWST viele interessante Entdeckungen gemacht.

Zu den ersten Bildern des James-Webb-Teleskops (JWST) gehören:

  • Webb Deep Field
  • Carinanebel
  • Exoplanet WASP-96b
  • Stephans Quintett
  • Südlicher Ringnebel (NGC 3132)

Im Folgenden gehen wir auf diese ersten Bilder des JWST genauer ein. Dabei diskutieren wir auch die wissenschaftlichen Hintergründe zu dem jeweiligen Bild. Insbesondere interessiert uns dabei, welche neuen Erkenntnisse das James-Webb-Teleskop damit zu den wichtigsten offenen Fragen der Kosmologie und Astrophysik gemacht hat.

Erste wissenschaftliche Bilder vom JWST

Am 12. Juli 2022 hatte das lange Warten ein Ende: Die NASA präsentierte die ersten Bilder des JWST. Das Teleskop war bereits am 26. Dezember gestartet. Doch danach musste es erst zum Lagrange Punkt 2 manövriert und auch auf eine Betriebstemperatur von ungefähr minus 220 Grad (50 Kelvin) abgekühlt werden.
Genauere Infos zum Start, zu den verschiedenen Instrumenten an Bord und zu den Missionszielen des Weltraumteleskops findet Ihr hier:

James-Webb-Weltraumteleskop

Mit der Präsentation der ersten Bilder begann die wissenschaftliche Mission des bisher größten, leistungsfähigsten und teuersten Weltraumteleskops. Und bereits die ersten 5 Bilder bewiesen die bis dahin unerreichte Qualität des JWST.

Webb Deep Field

Schon am 11. Juni, also einen Tag vor der Präsentation durch die NASA, stellte Präsident Joe Biden das erste Bild des JWST vor, das Webb Deep Field.

Es ist eine Aufnahme mit dem NIRCam Instrument und zeigt den ca. 4,6 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen mit der astronomischen Bezeichnung SMACS 0723.

Das Webb Deep_Field, aufgenommen mit dem NIRCam Instrument
Erstes Webb Deep Field im Sternbild Fliegender Fisch. Diese Aufnahme entstand durch Mittelung von ca. 12 Stunden Messungen bei verschiedenen Wellenlängen mit dem NIRCam Instrument.
Credit: NASA, ESA, CSA, STScI

Als Laie kann man bei kurzem Betrachten vielleicht denken, dass es sich bei den vielen Punkten in den verschiedenen Farben um Sterne handelt. Doch in diesem (ersten) Webb Deep Field sind ca. 5.000 Galaxien zu sehen, welche jeweils Millionen von Sternen enthalten.

Die meisten der Galaxien im Gebiet SMACS 0723 haben eine kosmologische Rotverschiebung im Bereich von ungefähr z=0,39 bis z=0,41. Das bedeutet, sie sind ca. 4,2 bis 4,6 Milliarden Lichtjahre vom Teleskop entfernt.

Man sieht in der Aufnahme auch einige Galaxien im Vordergrund, welche also näher zum Teleskop sind. Und auch weit entfernten Galaxien sind zu sehen. Diese sind teilweise durch den Gravitationslinsen-Effekt verzerrt und verstärkt oder erscheinen doppelt: Das Licht dieser Galaxien wird durch die Gravitationswirkung der Galaxien weiter vorne gebeugt und verzerrt.

Das Hubble Teleskop hatte bereits einige Jahre vorher mehrere sogenannte Deep Fields beobachtet (Hubble Deep Field, Extreme Deep Field, Ultra Deep Field), welche auch jeweils Tausende von Galaxien enthalten. Und auch das Gebiet SMACS 0723 wurde vom Hubble Teleskop bereits untersucht.

Das James-Webb-Teleskop hat gegenüber Hubble jedoch mehrere entscheidende Unterschiede und Vorteile:

  • Das JWST macht die Messungen in einem anderen Spektralbereich und misst damit auch im nahen und mittleren Infrarot. Dies geschieht vor allem durch die Instrumente NIRCam und MIRI, welche in einem Wellenlängenbereich von 600 Nanometer (rotes Licht) bis 5 Mikrometer (mittleres Infrarot) bzw. 4,9 bis 28,8 Mikrometer messen. Mit diesen Spektralbereich ist es möglich, viel weiter entfernte Galaxien zu beobachten und damit auch weiter in die Vergangenheit zu schauen.
  • Zum anderen ist der Spiegel des JWST deutlich größer. So empfängt und bündelt JWST in der gleichen Zeit deutlich mehr Licht als Hubble. Dies verringert die benötigte Dauer für Messungen erheblich, bzw. es können bei gleicher Messdauer viel genauere Messungen durchgeführt werden.

Dieses erste Webb Depp Field war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der genaueste und am weitesten reichende Blick in die Vergangenheit von Galaxien. Die im Hintergrund sichtbaren Galaxien sind teilweise nur wenige Hundert Millionen Jahre nach dem Big Bang (ca. vor 13,8 Milliarden Jahren) entstanden. Und auch die Strukturen der Galaxien sind deutlich besser aufgelöst als in vergleichbaren Aufnahmen des Hubble Teleskops.

Webb Deep_Field, NIRCam Zoom
Zoom in den linken, mittleren Bereich der obigen Aufnahme. Durch die Vergrößerung ist gut zu erkennen, dass es sich bei vielen der Objekte um Galaxien handelt. So sieht man deutlich die Strukturen einiger Spiralgalaxien wie Balken und Spiralarme.

Nur wenige Wochen später sollte das JWST noch weitere Aufnahmen zu verschiedenen Deep Fields veröffentlichen. In diesen sind noch weitaus mehr Galaxien zu sehen, welche nochmal weiter entfernt und damit deutlich älter sind. So hat das JWST bereits mehrere Galaxien entdeckt, welche nur 300 bis 400 Millionen Jahre nach dem Big Bang entstanden sind.

Und mit dem NIRISS Instrument auf dem James-Webb-Teleskop ist es auch möglich, Spektren der Galaxien zu messen, also die Verteilung der Lichtintensität für eine ganze Reihe von Wellenlängen. Die aufwändige Auswertung dieser Spektren ermöglicht dann die Bestimmung der Zusammensetzung der Galaxien, was weitere Informationen über die Entstehung und die Evolution von Galaxien liefert.

Carinanebel

Neben der Erforschung von Galaxien sind die Sterne, genauer deren Entstehung und Entwicklung ein weiteres wissenschaftliches Hauptziel des James-Webb-Teleskops. Auch hierzu präsentierte die NASA am 12. Juli 2022 bereits ein erstes Ergebnis: Das folgende Bild zeigt das Gebiet NGC 3324 im Carinanebel. Man sieht eine riesige Molekülwolke, aus welcher sich vor relativ kurzer Zeit Sterne gebildet haben und wohl auch aktuell noch Sterne entstehen.

Der Carinanebel, Messungen des NIRCam Instruments auf dem JWST
NIRCam Aufnahme des Carinanebels. Credit: NASA, ESA, CSA, STScI

Dieser offene Sternhaufen ist ca. 7.600 Lichtjahre entfernt von unserem Sonnensystem. Die Ausdehnung des Bildes erstreckt sich über etwa 16 Lichtjahre. Auch der Carinanebel wurde bereits durch andere Teleskope und Weltraumteleskope (Hubble, Spitzer) untersucht. Die Messungen von James-Webb-Teleskop sind aber die bis jetzt detailreichsten und ermöglichen so die genauere Erforschung der Entstehung von Sternen.

Exoplanet WASP-96b

Zu den Instrumenten an Bord des JWST gehören auch mehrere Spektrographen: MIRI, NIRISS und NIRSpec. Damit kann das James-Webb-Teleskop auch Spektren messen, genauer gesagt elektromagnetische Spektren. Darunter versteht man in der Physik die Intensität der elektromagnetischen Strahlung als Funktion der Wellenlänge oder Frequenz.

Elektromagnetische Strahlung umfasst zum Beispiel Licht, Infrarot-Strahlung, UV-Strahlung, Mikrowellen und Radarwellen. Weltraumteleskope messen Spektren meistens im Bereich von UV-Strahlung, sichtbarem Licht und Infrarot-Strahlung.

Warum sind diese Spektren für astronomische Messungen so interessant? Atome und Moleküle haben charakteristische Spektrallinien: Sie absorbieren und emittieren elektromagnetische Strahlung bei bestimmten Wellenlängen (bzw. Frequenzen). Diese ergeben sich aus der Struktur der chemischen Verbindung und der Verteilung der Elektronen.

Teleskope, die über einen Spektrographen verfügen, können das Licht von astronomischen Objekten sehr genau untersuchen. Insbesondere kann durch die elektromagnetischen Spektren gemessen werden, ob bestimmte Verbindungen vorhanden sind.
Indem das Webb-Teleskop das Licht von astronomischen Objekten mit Spektrographen untersucht, kann es so die Zusammensetzung von Galaxien, Sternen und auch Exoplaneten bestimmen.

Untersuchung der Atmosphäre von Exoplaneten mit dem JWST

Zu den ersten Bildern des JWST gehört auch ein Spektrum der Atmosphäre des Exoplaneten WASP-96b. In diesem Spektrum lassen sich sehr gut die Absorptionsstrukturen von Wasser nachweisen. Das bedeutet, dass es in der Atmosphäre dieses Planeten Wasser gibt.

Wie funktioniert dies genau? Die Untersuchung der Atmosphäre von Exoplaneten ist möglich durch die Transit-Methode, welche auch für die Entdeckung bzw. den Nachweis von Exoplaneten genutzt wird.

Unter Transit versteht man in diesem Zusammenhang, dass der Exoplanet auf seiner Bahn um den Stern des Systems vom Teleskop aus gesehen vor den Stern (die Lichtquelle) wandert. Dadurch blockiert der Planet einen Teil des Lichtes und es verringert sich die gemessene Intensität der elektromagnetischen Strahlung des Sterns.

Die folgende Abbildung zeigt, wie sich die vom Teleskop gemessene Intensität des Sternenlichts im WASP-96 System verändert, wenn der Planet WASP 96b sich im Transit befindet.

Transit des Exoplaneten WASP-96b
Messungen des NIRISS Instruments an Bord vom James-Webb-Teleskop zeigen die Abnahme der Lichtintensität des Sterns WASP-96a während des Transits vom Exoplaneten WASP-96b.
Credit: NASA, ESA, CSA, STScI

Die vom JWST gemessene Strahlungsintensität des Sterns nimmt um ca. 1,5 Prozent ab. Wenn der Planet den Transit beendet, misst das JWST wieder die gleiche Intensität wie vor dem Transit des Exoplaneten.

Der Exoplanet WASP-96b ist ein sehr großer Planet, dessen Bahn sich sehr nahe zum Stern befindet und der sich auf dieser Bahn extrem schnell um den Stern bewegt. Das bedeutet, der Transit erfolgt sehr schnell, der Effekt in der Abnahme der Intensität ist relativ groß und lässt sich in sehr kurzer Zeit messen.

Aus diesen Gründen wurde dieser Planet für die ersten Bilder des JWST ausgewählt: Die Fähigkeiten des NIRISS Instruments zur Untersuchung der Atmosphäre von Exoplaneten konnten damit sehr gut demonstriert werden.

Spektrum zeigt Wasser in der Atmosphäre von WASP-96b

Wie erwartet zeigen die JWST Messungen, dass die Intensität der Strahlung während des Transits abnimmt. Doch wie verändert dich das elektromagnetische Spektrum, also die Strahlungsintensität bei verschiedenen Wellenlängen, wenn der Exoplanet vor den Stern wandert?

Die nächste Abbildung zeigt das vom JWST gemessene Spektrum während des Transits. Wenn der Planet sich vor die Lichtquelle (also vor dem Stern) befindet, gelangt ein Teil des von JWST gemessen Lichtes durch die Atmosphäre des Exoplaneten.
Chemische Verbindungen, die sich in der Atmosphäre des Planeten befinden, absorbieren dann einen Teil der Lichtintensität, und zwar vor allem an den für die jeweiligen Verbindungen charakteristischen Spektrallinien.

Wasser in der Atmosphäre von WASP-96b
NIRISS Spektrum während des Transits vom Exoplaneten WASP-96b. Deutlich zu sehen sind die Absorptionsstrukturen von Wasser im nahen Infrarotbereich von 1,1 bis 1,9 Mikrometer.
Credit: NASA, ESA, CSA, STScI


In der Abbildung sehen wir deutlich die Absorptionsstruktur für das Wassermolekül in dem von JWST gemessenen Spektrum. Die blaue Linie zeigt die starken Absorptionslinien von H₂O, vor allem im Wellenlängenbereich von 1,1 bis 1,9 Mikrometer. Diese stimmt für einen großen Wellenlängenbereich sehr gut mit den Messpunkten des JWST (weiße Punkte mit Fehlerbalken) während des Transits überein.

Stephans Quintett

Das Stephans Quintett ist eine Gruppe von 5 Galaxien, die etwa 290 Millionen Lichtjahre (ca. 89 Millionen Parsecs) entfernt von der Erde sind. Die Galaxiengruppe befindet sich im Sternbild Pegasus und wurde 1877 von dem französischen Astronomen Stephan entdeckt.

James-Webb-Teleskop Aufnahme vom Stephans Quintett
Aufnahme vom Stephans Quintett durch die Instrumente NIRcam und MIRI des James-Webb-Teleskops. Das Bild ist eine Zusammensetzung aus Messungen in mehreren Wellenlängenbereichen dieser beiden Instrumente. Credit: NASA, ESA, CSA, STScI

Mit einer Entfernung zum Sonnensystem von „nur“ 290 Millionen Lichtjahren sind die Galaxien im Stephans Quintett im Vergleich zu anderen Galaxien relativ nah. Auch ist die Entfernung der 5 Galaxien untereinander relativ gering. Dadurch eignet sich diese Galaxiengruppe sehr gut, um die Wechselwirkung von Galaxien zu untersuchen.

So scheinen sich viele der 5 Galaxien zu berühren und einige gehen bereits ineinander über. Bei vielen ist der Effekt der Gravitationswechselwirkung in der Verteilung der Sterne sichtbar.

Die Aufnahme des James-Webb-Teleskops ist eine Zusammensetzung aus Messungen der zwei Instrumente NIRcam und MIRI. Diese Instrumente messen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen des elektromagnetischen Spektrums und können so verschiedene Strukturen auflösen und sichtbar machen.

Welche Galaxien zeigt die Aufnahme des JWST?
Zu dem Stephans Quintett gehören diese 5 Galaxien:

  • NGC 7317
  • NGC 7318A
  • NGC 7318B
  • NGC 7319
  • NGC 7320C

Südlicher Ringnebel (NGC 3132)

Last but not least: Das fünfte wissenschaftliche Bild, welches die NASA am 12. Juli 2022 präsentierte, zeigt, wie planetare Nebel enstehen: Die beiden Sterne in der Mitte des Bildes senden Wolken aus Staub und Gas aus. Hieraus bilden sich im Laufe von mehreren Millionen Jahren neue Planeten.

Ein Ziel der JWST Mission ist die Erforschung der Prozesse, die zur Entstehung von Planeten führen. Diese Aufnahmen des südlichen Ringnebels zeigen, dass das James Webb Teleskop hierzu noch viele neue Entdeckungen beitragen kann.

James-Webb-Teleskop erste Bilder: Südlicher Ringnebel
Aufnahme des Südlichen Ringnebel (NGC 3132) mit zwei verschiedenen Instrumenten des JWST. Credit: NASA, ESA, CSA, STScI

Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/James-Webb-Weltraumteleskop
https://de.wikipedia.org/wiki/Webb’s_First_Deep_Field
https://de.wikipedia.org/wiki/WASP-96
https://de.wikipedia.org/wiki/Carinanebel
https://de.wikipedia.org/wiki/Stephans_Quintett
https://de.wikipedia.org/wiki/NGC_3132