Internationale Raumstation ISS

Seit über 23 Jahren umkreist sie bereits die Erde: Am 31. Oktober 2020 hatte die Internationale Raumstation ISS ihren 20-jährigen Geburtstag. Was sind die Ergebnisse dieses bis heute einzigartigen Raumfahrtprojektes? Zu welchen Entdeckungen und Erkenntnissen hat die Forschung auf der ISS beigetragen?

Haben sich der Aufwand und die Kosten gelohnt? Und wie sieht die Zukunft der ISS aus? Wird die Raumstation für weitere 20 Jahre betrieben? Oder wird sie aufgegeben und von neuen, moderneren Stationen abgelöst?

In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Informationen und Daten zur Raumstation ISS zusammen. Dabei gehen wir sowohl auf die technischen Hintergründe als auch auf die Geschichte und die wichtigsten Ergebnisse der Mission ein.

Internationale Raumstation ISS
Blick vom Space Shuttle Atlantis auf die Internationale Raumstation ISS nach Installation des Labormoduls Destiny im Februar 2001, Credit: NASA

Die Anfänge

Die Internationale Raumstation umkreist die Erde seit über 20 Jahren, doch die Anfänge reichen viel weiter zurück. Die damalige Sowjetunion hatte mit Saljut, und MIR bereits mehrere Stationen im Erdorbit. Und auch die USA hatten mit Skylab über viele Jahre Erfahrungen sammeln können.

Die Idee für eine Raumstation, die von USA und UdSSR gemeinsam betrieben wird, entwickelte sich während der 1970er Jahre. Die beiden Atommächte einigten sich im Mai 1972 mit dem SALT-Vertrag auf eine Begrenzung der Atomwaffen. Beim gleichen Treffen wurde beschlossen, dass eine gemeinsame Raumstation, nicht nur symbolisch, den Willen zum Frieden unterstreichen sollte.

Am 24. Mai 1972 unterzeichneten dann der amerikanische Präsident Nixon und der sowjetische Generalsekretär Breschnew einen Vertrag, der bereits 3 Jahre später zu einer gemeinsamen sowjetisch-amerikanischen Raummission führte:

Die Sojus Apollo Mission

Am 17. Juli 1975 koppeln eine Sojus Kapsel (gestartet am 15. Juli vom Weltraumbahnhof Baikonur) und ein Apollo Raumschiff (gestartet am gleichen Tag vom Kennedy Space Center) für mehrere Stunden im Erdorbit zusammen. Das Apollo-Sojus Test Projekt (ASTP) war die erste und einzige gemeinsame Raumfahrtmission von USA und UdSSR und ein voller Erfolg.

Sojus Apollo Test Projekt, 1975
Illustration des amerikanischen Apollo-Moduls und der russischen Sojus 19 Kapsel, zusammen mit den Besatzungsmitgliedern. Von links nach rechts: Thomas Stafford, Vance Brand, Donald Slayton, Alexei Leonov und Valeri Kubasov Credit: NASA/MSFC

Bei der Rückkehr der Apollo Kapsel zur Erde am 24. Juli gab es jedoch eine Reihe von technischen Problemen, die fast zu einer Katastrophe geführt hätten. Diese Mission (inoffiziell Apollo 18 genannt) war die letzte der USA mit einer Apollo Kapsel und auch der letzte Start einer Saturn Rakete.

Nach dem Apollo-Sojus Test Projekt unternahmen die USA für mehrere Jahre keine weiteren bemannten Raummissionen. Erst mit dem Space Shuttle Programm ab 1981 wurden die bemannten Raumflüge wieder aufgenommen. Und einige Jahre später wurde auch die Zusammenarbeit an einer gemeinsamen Raumstation wieder fortgesetzt, diesmal mit Russland, welches Ende 1991 aus der Auflösung der UdSSR hervorging.

Das Shuttle Mir Programm

Die UdSSR hatte die Raumstation MIR seit Februar 1986 in einem Erdorbit betrieben. Russland führte diese Station bis 2001 weiter. Die NASA unternahm von 1994 bis 1998 insgesamt 11 Space Shuttle Flüge zur MIR. Diese bildeten die Grundlage für die spätere Zusammenarbeit an der ISS.

Welche Länder sind an der ISS beteiligt?

Die Internationale Raumstation ISS wird von 5 Raumfahrtagenturen betrieben.

  • NASA
  • ROSKOSMOS
  • ESA
  • JAXA
  • CSA

Die Finanzierung wird dabei von 16 Staaten übernommen:

  • USA
  • Russland
  • Europa: Die 11 Staaten der ESA
  • Japan
  • Kanada
  • Brasilien

Auch Astronauten dieser Länder sind zeitweise an Bord der ISS. Dabei sind von den USA und Russland mit Abstand am meisten Astronauten an Bord.

Technische Daten

Wie groß ist die ISS?

Seit dem Start und Erreichen des Erdorbits ist die internationale Raumstation durch eine Reihe von Modulen erweitert worden.
Die Station hat aktuell (Stand: Juni 2022) eine Länge von etwas über 50 m. Dies ist die Länge des Rumpfes der Station. Zusammen mit den Solarzellen, die an vier großen Flächen am Rumpf montiert sind, ergibt sich eine maximale Länge von ca. 73 m. Diese Maße von 50 m x 73 m entsprechen ungefähr einem Fußballfeld.

Die Station erstreckt sich aber natürlich auch in die Höhe, also über drei Dimensionen. Damit hat ISS eher die Ausmaße von sehr vielen Fußballfeldern, die übereinander gestapelt sind. Das Volumen der ISS beträgt damit zurzeit 915 Kubikmeter.

Wie schwer ist die ISS?

Die Masse der ISS beträgt ca. 440 Tonnen, also etwa 440.000 kg.

Höhe der Umlaufbahn der ISS

Wie hoch ist die ISS? Die mittlere Höhe der Umlaufbahn der ISS beträgt etwa 370 km. Der Orbit der Raumstation ist eine Ellipse, also kein perfekter Kreis. Dadurch verändert sich die Höhe der Station ständig etwas, je nach der Position auf der Umlaufbahn:

  • der erdnächste Punkt (Perigäum) ist in einer Höhe von ca. 320 bis 350 km,
  • der erdfernste Punkt (Apogäum) bei etwa 400 bis 430 km.

Umlaufzeit: Wie schnell ist die ISS?

Die Umlaufzeit der ISS auf ihrer Bahn um die Erde beträgt ca. 93 Minuten. Damit umkreist die ISS die Erde jeden Tag etwa 16-mal. Die Geschwindigkeit im Orbit beträgt dabei ungefähr 27.000 km pro Stunde.

Kann man die ISS von der Erde aus sehen?

Ja. Die Station befindet sich in einem niedrigen Orbit um die Erde, in einer Höhe von 350 bis 400 km. Am wolkenfreien Nachthimmel ist die Station mit bloßem Auge von der Erde aus zu sehen. Allerdings fliegt sie sehr schnell an einer jeweiligen Position auf dem Boden vorbei (siehe Kapitel: Umlaufzeit).

Die ISS kreist pro Tag 16-mal um die Erde. Daraus ergibt sich, dass die Station an einem bestimmten Ort am Boden immer nur für wenige Sekunden zu sehen ist. Um die ISS von der Erde aus zu sehen, muss man also genau wissen, zu welchem Zeitpunkt die Station sich wo am Nachthimmel befindet.

Die ISS von der Erde aus fotografiert, mit dem Mond als Hintergrund
Die ISS von der Erde aus fotografiert, mit dem Mond als Hintergrund. Credit: NASA

Forschung an Bord der ISS

Bisher wurden bereits mehr als 3.000 wissenschaftliche Experimente auf der Raumstation ISS durchgeführt.
Dabei ging es unter anderem um Experimente auf diesen Gebieten:

  • Medizin
  • Physik
  • Materialforschung
  • Bio-Technologie
  • Raumfahrt

Die Bedingungen der annähernden Schwerelosigkeit ermöglichen Experimente, die auf der Erde so nicht durchgeführt werden können. Dazu gehören zum Beispiel die Untersuchung der Auswirkungen von längeren Aufenthalten in Weltraum auf den menschlichen Körper. Dies ist für die Planung von zukünftigen bemannten Raumfahrtmissionen wichtig.

Kosten der ISS

Der Betrieb der ISS kostet ca. 3 bis 4 Milliarden Dollar pro Jahr.
In Jahr 2018 sollen die bis dahin angefallen Kosten insgesamt ungefähr 100 Milliarden Euro betragen haben. Dabei sind sowohl der Bau der Station als auch die Kosten für den Betrieb berücksichtigt.

Deutsche Astronauten auf der ISS

Im Laufe der Missionsdauer der ISS haben über 250 Menschen aus 20 Ländern die Raumstation besucht. Darunter waren auch bereits 4 deutsche Astronauten mit 4 Langzeitaufenthalten und 1 kürzerem Besuch.

Erster Deutscher auf der ISS

Der erste Deutsche auf der ISS war im Jahr 2006 Thomas Reiter. Er besuchte die internationale Raumstation von Juni bis Dezember 2006. Reiter war vorher bereits von September 1995 bis März 1996 auf der russischen Raumstation MIR gewesen. Damit war der deutsche Astronaut und Pilot insgesamt über 350 Tage im All.

In den folgenden Jahren waren diese drei Deutsche auf der ISS:

  • Hans Schlegel besuchte im Februar 2008 die ISS im Rahmen der Space Shuttle Mission STS-122. Diese Mission brachte das europäische Raumlabor Columbus zur ISS. Schlegel war mit dem Space Shuttle Atlantis ungefähr 8 Tage an Bord der ISS.
  • Alexander Gerst hatte 2 Langzeitaufenthalte auf der ISS, von Mai bis November 2014 und von Juni bis Dezember 2018. Insgesamt war der Geophysiker damit über 350 Tage auf der ISS.
  • Mathias Maurer war aktuell bisher der letzte Deutsche auf der ISS. Er gehörte zur SpaceX Crew-3 und besuchte von November 2021 bis Mai 2022 die Raumstation für mehr als 170 Tage.

Wie lange dauert der Flug von der Erde zur ISS?

Die Flüge können aktuell mit einer Dauer von 3 Stunden durchgeführt werden.
Vor 20 Jahren benötigte man für den Flug zur ISS noch 3 Tage.

Zukunft der ISS

Die Internationale Raumstation ist bis heute das größte Projekt der Menschheit und technisch und wissenschaftlich ein voller Erfolg. Die Komponenten und Module der Station sowie Bauteile und auch Instrumente sind jedoch teilweise schon über 20 Jahre alt.

Sie entsprechen deshalb nicht mehr den aktuellen Anforderungen und Möglichkeiten. Auch im Bereich Sicherheit der Astronauten gab es zunehmend gefährliche Situationen, welche durch die alte Technik verursacht waren.

Zudem hat sich die internationale politische Lage in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Insbesondere die Spannungen zwischen den USA und Russland haben deutlich zugenommen. Seit langem wird deshalb diskutiert, die ISS nicht weiterzubetreiben.

Wie sind die Pläne für die Zukunft der ISS?

Die am Betrieb und an den Kosten der Station beteiligten Länder haben sich Anfang 2023 darauf geeinigt, die ISS bis 2030 weiterzuführen. Russland wird wahrscheinlich die Zusammenarbeit bereits 2028 beenden.

Die Missionsdauer wird dann über 30 Jahre betragen und damit weit mehr als die ursprünglich geplanten 15 Jahre. Bis 2030 kann sich allerdings noch viel ändern. Deshalb lässt sich nur aufgrund der aktuellen Planungen sagen, wie es danach weitergeht.

So gibt es bereits Pläne, die ISS nach 2030 langsam aus dem Orbit Richtung Erde zu führen und dann 2031 im südlichen Pazifik zerschellen zu lassen.

Einige Länder planen auch schon länger den Bau von neuen Raumstationen:

  • Die NASA plant, zusammen mit vielen europäischen Ländern, Kanada und Japan eine Weltraumstation nahe dem Mond zu errichten: die Gateway Lunar Space Station soll im Rahmen des Artemis Programms gebaut werden und die Arbeiten daran sollen 2024 beginnen.
  • China hat bereits eine eigene Weltraumstation gebaut: Die Chinesische Raumstation CSS ist seit April 2021 im Orbit und wird seit Juni 2022 ununterbrochen von bis zu 6 Astronauten bewohnt.
  • Russland plant beginnend mit 2025 eine eigene Weltraumstation zu bauen: ROSS soll bis 2035 fertig sein.
  • Mehrere privaten Raumfahrtunternehmen sollen im Auftrag der NASA neue Raumstationen im niedrigen Erdorbit bauen. Hierzu gehört eine ganze Reihe von Unternehmen (Axiom Space, Nanoracks, Blue Origin, Northrop Grumman), die jeweils eine Raumstation errichten sollen.
  • Schließlich plant auch Indien den Bau einer eigenen Weltraumstation. Die Arbeiten daran sollen allerdings erst 2035 beginnen.

Es könnte in naher Zukunft also 4 bis 8 Raumstationen geben.

Das Ziel der NASA ist dabei, vor dem Ende der ISS eine neue Station im Erdorbit zu bauen, sodass möglichst ununterbrochen Menschen und wissenschaftliche Projekte im nahen Erdorbit sind. Auch das sichere Manövrieren der Station aus dem Orbit in den Pazifik ist ein Hauptziel der NASA. Hierfür ist bereits ein Budget von 1 Milliarde Dollar eingeplant.

QUELLEN
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Raumstation
https://de.wikipedia.org/wiki/Destiny_(ISS-Modul)
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_ISS-Expeditionen
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_bemannten_Missionen_zur_Internationalen_Raumstation
https://de.wikipedia.org/wiki/Apollo-Sojus-Test-Projekt
https://de.wikipedia.org/wiki/Shuttle-Mir-Programm
https://www.youtube.com/watch?v=Z1m_qG9cx7s
https://www.youtube.com/watch?v=ROhZhIvfzCU