Nach der Urknalltheorie entstand das Universum vor etwa 13,8 Milliarden Jahren durch einen großen Knall (Big Bang) mehr oder weniger aus dem Nichts. Vor diesem Urknall gab es weder Materie noch Energie, also auch keine Elementarteilchen oder Atome. Und damit auch keine Wechselwirkungen wie Gravitation, Elektromagnetismus oder Licht. Und selbst Raum und Zeit existierten vor dem Urknall nicht.
Seit dem Urknall dehnt sich das Universum immer weiter aus. Über viele Millionen und Milliarden von Jahren ist so das Universum gewachsen:
- Vor dem Urknall gab es nur eine verschwindend kleine Singularität mit extrem hoher Dichte und Temperatur.
- Wenige Bruchteile von Sekunden danach hatte das Universum bereits eine Ausdehnung von etwa 100 Milliarden Kilometern.
- Damit begann die auch heute noch andauernde Expansion des Universums, durch die sich Raum und Zeit immer weiter ausdehnen.
- Und über Millionen und Milliarden von Jahren entstand schließlich das unendlich große Universum, welches wir heute durch Beobachtungen und Theorien erforschen.
So hat der Big Bang zur Entstehung aller Galaxien, Sterne und Planeten geführt. Ebenso sind alle Elementarteilchen, alle Atome und Moleküle, und auch alles was aus diesen Bausteinen besteht, erst durch den Urknall entstanden.
Und letztendlich ist auch die Entstehung von Leben und damit die Entwicklung des Menschen erst durch den Big Bang vor 13,8 Milliarden Jahren ermöglicht worden.
Die Urknalltheorie ist eines der grundlegenden Fundamente der modernen Kosmologie und Astrophysik. Wir wissen allerdings erst seit ungefähr 100 Jahren, dass unser Universum durch einen Urknall entstand.
Etwa um 1920 bis 1930 entwickelten mehrere Forscher durch neue mathematische Überlegungen zu Raum und Zeit die Urknalltheorie. Erst Jahrzehnte später wurde diese Theorie durch Beobachtungen gestützt, zunächst durch Messungen von neuen Bodenteleskopen und dann durch Weltraumteleskope.
Die Wissenschaft hat seitdem zahlreiche Hinweise und Belege gesammelt, welche alle die Theorie von einem Big Bang bestätigen. Dazu gehören vor allem:
- die kosmische Hintergrundstrahlung (CMB)
- die Rotverschiebung, welche zeigt, dass sich alle Galaxien voneinander entfernen
- und die Hubble-Konstante, welche die Expansion des Universums insgesamt belegt.
Diese und auch viele weitere Beobachtungen können mit dem Big Bang erklärt werden. Die Urknalltheorie gilt damit als das zurzeit beste in sich schlüssige physikalische Modell, welches (fast) alle Beobachtungen des Universums erklären kann. Auch das Alter des Universums, die Entstehung von Galaxien, Sternen und Planeten sind mit der Urknalltheorie vereinbar und können durch die daraus folgenden Daten auch berechnet werden.
Dennoch ist die Big Bang Theorie nicht unstrittig. Es gibt mehrere offene Fragen und auch mögliche Widersprüche. So gibt es verschiedene Beobachtungen, die nach Ansicht einiger Wissenschaftler dafür sprechen, dass die Urknalltheorie unvollständig ist.
Die Diskussion um den Urknall und andere mögliche Theorien zur Entstehung des Universums bleibt also interessant. Und wir müssen abwarten, ob die Beobachtungen der nächsten 10, 20 oder 50 Jahre die Urknalltheorie bestätigen. Zeit genug, um sich die Grundlagen, die Entstehung und den Werdegang der Big Bang Theorie genauer anzuschauen.
In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Informationen und Diskussionen zum Thema Urknalltheorie und dessen Bedeutung für die moderne Kosmologie zusammen. Dabei wollen wir vor allem auch auf die folgenden Punkte und Fragen eingehen:
- Wie entstand diese Theorie vom Urknall?
- Was sind die wichtigsten Belege für die Richtigkeit der Urknalltheorie?
- Wo gibt es Widersprüche?
- Was war vor dem Big Bang?
- Was geschah während des Urknalls?
- Und wie hat sich das Universum in den Millionen und Milliarden von Jahren nach dem Urknall entwickelt?
- Wie hängen Urknall und die Expansion des Universums zusammen?
- Und wieso kann ein ganzes Universum mit Milliarden von Galaxien aus dem Nichts entstehen?
Inhaltsverzeichnis
Was genau ist der Urknall?
Der Urknall ist das Ereignis, durch welches nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft das Universum entstanden ist.
Etwas genauer gesagt, fassen Kosmologen unter dem Begriff Urknall mehrere Veränderungen zusammen, welche vor etwa 13,8 Milliarden Jahren zum Entstehen des Universums geführt haben.
Materie, Raum und Zeit, Galaxien, Sterne, Planeten, Atome und selbst Elementarteilchen wie Quarks – also eigentlich alles, was unser gegenwärtiges Universum ausmacht – existierten vor dem Urknall nicht.
Urknalltheorie
Die Urknalltheorie ist einer der Pfeiler des Standardmodells der Kosmologie. Dieses wird auch Lambda CDM Modell genannt und gilt als das wissenschaftliche Modell, mit welchem sich zurzeit sowohl die Entstehung des Universums als auch alle bisher gemachten Beobachtungen des Universums am besten erklären lassen.
Der Urknall ist in diesem Modell der Auslöser, auf welchen die allererste Ausdehnung (Kosmische Inflation) zu Beginn des Universums erfolgt. Diese Ausdehnung hat dann in der Folge zum Entstehen des aktuellen Universums geführt.
Fast alle Ereignisse, Prozesse und Wechselwirkungen, die nach dem Urknall aufeinander folgen, lassen sich durch unser aktuelles Verständnis der Naturwissenschaften erklären. Es gibt aber auch einige offene Punkte und Fragen, vor allem für die allerersten Bruchteile von Sekunden zu Beginn des Universums.
Die Urknalltheorie ist also sehr wahrscheinlich nicht vollständig. Und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftige Beobachtungen zu einer neuen Theorie führen werden. Doch zur Zeit ist die Urknalltheorie, zusammen mit dem Standardmodell der Kosmologie, die beste wissenschaftliche Theorie, wie das Universum entstanden ist.
Was passierte beim Big Bang?
Bei den Wörtern Urknall oder Big Bang denkt man zuerst an eine Explosion. Es gibt zwar einige Gemeinsamkeiten, aber als eine Explosion im eigentlichen Sinne sollte man sich den Urknall nicht vorstellen. Und genaugenommen gab es dabei auch gar keinen Knall.
Der Urknall ist im Wesentlichen eine sehr schnelle Ausdehnung des Universums. Dabei erfolgte eine Ausdehnung des Raumes (oder genauer: der Raum-Zeit) an sich. Das Universum dehnt sich also nicht in irgendetwas aus, denn außer dem Universum und damit auch außerhalb des Universums gibt es nichts.
Diese Ausdehnung von Raum und Zeit und damit des Universums beginnt mit dem Urknall und setzt sich auch heute noch fort. Die erste Ausdehnung während des Urknalls wird auch als kosmische Inflation bezeichnet und ist mit einer Reihe von Veränderungen verbunden.
So folgte auf den Big Bang unter anderem zunächst die Bildung von Elementarteilchen, und dann die Bildung der ersten Atomkerne.
Viele Hundert Millionen Jahre später entstanden in Folge des Urknalls die ersten Sterne und Galaxien und auch die Strukturen des Universums.
Diese Entwicklung passierte in mehreren Stufen oder Phasen, welche jeweils zeitlich aufeinander folgten. Wir gehen hierauf genauer in dem Kapitel die Epochen des Big Bang ein.
Physikalische Bedingungen
Infolge der extrem schnellen Ausdehnung während des Urknalls verändern sich im frühen Universum auch die physikalischen Bedingungen in sehr schneller Folge. Vor allem die Größen Temperatur und Druck nehmen um viele Faktoren oder sogar mehrere Zehnerpotenzen ab, und dies jeweils in sehr kurzen Zeiträumen von wenigen Sekundenbruchteilen.
Diese beiden Größen, Temperatur und Druck, bestimmen darüber, in welchen Zustandsformen (Aggregatzuständen) die Materie vorliegt:
- Bei (in kosmischem Maßstäben) niedrigen Temperaturen existiert Materie in den klassischen Aggregatzuständen: Je nach Element und Verbindung wechselt die Zustandsform bei steigenden Temperaturen von fest zu flüssig und dann zu gasförmig. Bei Temperaturen oberhalb von etwa 6.200 Kelvin liegen alle bekannten Elemente und Verbindungen in der Gasphase vor.
- Bei sehr hohen Temperaturen ab etwa 15.000 Kelvin geht Materie in den Zustand eines Plasma über: Elektronen trennen sich von den Atomkernen und es bildet sich ein Gemisch aus positiv geladen Atomkernen (Kationen) und negativ geladenen freien Elektronen (Anionen). Dieses Ionen-Plasma ist der vierte Aggregatzustand.
- Und bei noch höheren Temperaturen (mehr als 1012 Kelvin, bzw. 5 Billionen Kelvin) liegt Materie als Quark-Gluonen-Plasma vor. In diesem lösen sich selbst die Bausteine der Atomkerne (Protonen und Neutronen) in ihre Elementarteilchen (Quarks und Gluonen) auf.
Nicht nur die Aggregatzustände, auch die physikalischen Prozesse, insbesondere die wirkenden Kräfte zwischen den Teilchen sowie die Wechselwirkungen von Materie und Licht, sind durch Temperatur und Druck bestimmt.
Die Epochen des Urknalls
In den verschiedenen Stadien während der Entstehung des Universums waren aufgrund der sich extrem schnell ändernden Bedingungen (Volumen, Temperatur und Druck) also jeweils sehr unterschiedliche physikalische Prozesse und Zustandsformen der Materie möglich.
So werden zu Beginn des Universums die oben beschriebenen Aggregatzustände durchlaufen (siehe Kapitel: Temperatur und Druck):
- beginnend mit dem Quark-Gluonen-Plasma,
- gefolgt von dem Ionen-Plasma, und
- schließlich übergehend in die klassischen Aggregatzustände.
Allerdings ist auch im gegenwärtigen Universum der weitaus größte Teil der sichtbaren Materie im ionisierten Plasma-Zustand.
Ein System (bzw. in diesem Fall das Universum), bei welchem die Materie als Quark-Gluonen-Plasma vorliegt, ist komplett verschieden von einem System, bei dem die Materie sich im ionisierten Plasma-Zustand oder in den klassischen Aggregatzuständen befindet.
Man unterteilt den Urknall deshalb in mehrere Phasen. Diese werden oft auch Epochen genannt, im Deutschen nutzt man hierfür auch den Begriff Ära.
Zeitskalen des Big Bang
Die Epochen des Urknalls haben sehr unterschiedliche Zeiträume. Genau wie Druck und Temperatur ändern sich auch die Zeitskalen der verschiedenen Epochen des Urknalls über mehrere Größenordnungen:
- Die ersten Epochen des Urknalls dauern nur wenige Bruchteile von Sekunden, manche weniger als ein Billiardstel einer Sekunde.
- Die späteren Epochen dauern mehrere Zehntausend und Hunderttausend Jahre.
Sowohl die sehr kurz als auch die sehr lang dauernden Epochen sind fern von den Zeitskalen, die wir Menschen gewohnt sind: Niemand kann sich wohl wirklich vorstellen, wie kurz eine Billiardstel Sekunde ist oder wie lang 100.000 Jahre dauern.
Temperatur und Druck
Ebenso sind die Werte für die physikalischen Größen Temperatur und Druck fern von allen Werten, die wir von den Bedingungen auf der Erde kennen. Sogar innerhalb von Sternen sind Temperatur und Druck nicht annähernd so hoch wie zu Beginn des Universums kurz nach dem Urknall.
Die einzigen Orte im aktuellen Universum, in denen vergleichbare Bedingungen herrschen wie zu Beginn des Universums, sind Neutronensterne und Schwarze Löcher.
Tabelle: Epochen des Urknalls im Überblick
Im Folgenden geben wir zunächst einen Überblick der Epochen des Big Bang.
Dann gehen wir auf die Prozesse und Entwicklungen ein, die in den verschiedenen Epochen stattgefunden haben.
Epoche | Dauer (Start und Ende) | Temperatur (Kelvin) | |
---|---|---|---|
Planck-Ära | 0 bis 10−43 s | > 1032 K | Singularität |
GUT-Ära | bis 10−36 s | > 1029 K | Schwerkraft, Elementarteilchen |
Kosmische Inflation | 10−36 bis 10−32 s | 1028 K bis 1022 K | Starke Wechselwirkungskraft, Expansion auf ca. 10 cm |
Elektroschwache Epoche | 10−36 bis 10−12 s | 1028 K bis 1015 K | Bosonen, Higgs Felder |
Quark-Ära | 10−12 bis 10−6 s | 1015 K bis 1012 K | Quarks, Elektronen, Neutrinos, alle 4 Fundamentalkräfte |
Baryogenese | |||
Hadronen Epoche | 10−6 s bis 1 s | ||
Leptonen Epoche | ab 1 s bis 3 Min | ||
Primordiale Nukleosynthese | ab 3 Min bis 20 Min | 109 K bis 107 K | Atomkerne |
Strahlungs-Ära | |||
Photonen Ära | ab 3 Min bis 240.000 Jahre | 109 K bis 4.000 K | |
Materie-Ära | |||
Rekombination | ab 240.000 bis 300.000 Jahre | 4.000 K | |
Dunkle Ära | ab 300.000 Jahre bis ca. 150 Millionen Jahre | 4.000 K bis 60 K |
Weitere Theorien zur Entstehung des Universums
Manche Wissenschaftler haben Überlegungen angestellt, ob das Universum vielleicht ständig wechselt von einem Zustand der Expansion zu einem Zustand des Zusammenfallens (zyklisches Universum).
Und für das Alter des Universums berechnen einige Wissenschaftler einen viel höheren Wert von über 25 Milliarden Jahren. Auch halten ein paar wenige Wissenschaftler die Theorie von einem Big Bang sogar insgesamt für fragwürdig oder auch schlicht falsch.
Dies ist der normale Lauf der Wissenschaft. Wissenschaftliche Theorien entwickeln sich immer weiter und werden durch neue Beobachtungen, Experimente, Überlegungen und Erkenntnisse auf den Prüfstand gestellt.
Und in so gut wie allen Bereichen der Naturwissenschaften haben neue Erkenntnisse und Beobachtungen immer wieder dazu geführt, dass Theorie und Modell überarbeitet und korrigiert werden müssen.
Neue Instrumente wie das Hubble-Teleskop und das James-Webb-Teleskop ermöglichen Beobachtungen, die zu vielen neuen Erkenntnissen führen und oft auch neue Fragen aufwerfen. Und weitere geplante Instrumente und Teleskope und die damit gemachten Beobachtungen werden diesen Lauf von Fragen, Erkenntnissen und neuen Theorien wahrscheinlich auch in der Zukunft fortsetzen.
Die Urknall-Theorie ist erst ungefähr 100 Jahre alt, und die Bestätigung durch Beobachtungen begann erst vor etwa 60 Jahren. Die theoretische Herleitung der Existenz der sogenannten Dunklen Energie, welche mit der Big Bang Theorie über dem Standardmodell der Kosmologie zusammenhängt, erfolgte erst ca. 2000, also vor ungefähr 25 Jahren. Auslöser hierfür waren Messungen des damals neuen Hubble Weltraumteleskops.
Und auch seitdem haben Weltraumteleskope wie Hubble und seit 2021 auch James Webb viele neue Beobachtungen und Entdeckungen gemacht, welche neue Fragen aufwerfen und so zu neuen Erkenntnissen führen. Eventuell leben wir also auch aktuell in einer Zeit, welche durch neue Beobachtungen und neue Entdeckungen das Entstehen von grundlegenden Ideen und Theorien auf dem Gebiet der Astrophysik und Kosmologie ermöglicht.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Inflation_(Kosmologie)
https://de.wikipedia.org/wiki/Baryogenese
https://de.wikipedia.org/wiki/Primordiale_Nukleosynthese