Hubble Konstante

Ist die Hubble Konstante wirklich eine Konstante? Oder verändert sich die Geschwindigkeit der Expansion des Universums? Was bedeuten die sich teils widersprechenden Messungen der letzten Jahre für die moderne Kosmologie? Sind die Theorien zum Big Bang und unser Verständnis von der Entstehung des Universums damit infrage gestellt?

Die Hubble Konstante beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich das Universum ausdehnt. Für viele Jahrzehnte sah es so aus, dass der Wert H0 für die Geschwindigkeit der Expansion des Universums feststeht.
Moderne Messungen konnten den Messfehler immer weiter verringern und brachten damit genauere Ergebnisse, doch der Wert von H0 = 74 Kilometer pro Megaparsec und Sekunde wurde dabei immer ungefähr bestätigt.

Doch in den letzten Jahren haben sich durch verschiedene Messmethoden deutliche Abweichungen ergeben. So hat die Hubble Konstante, gemessen aus der kosmischen Hintergrundstrahlung, nur einen Wert von 68 Kilometer pro Megaparsec und Sekunde.
Zudem sind die Abweichungen zum Teil so groß, dass sie nicht durch Ungenauigkeiten der Messungen erklärt werden können. Und auch systematische Fehler in der Herleitung oder den Messungen selber können ausgeschlossen werden.

Diese Diskrepanz in den Messungen für H0 hat viele Fragen aufgeworfen und zu tiefschürfenden Diskussion geführt. Manche Astrophysiker sagen sogar, dass die aktuellen Theorien zur Entstehung und zum Aufbau des Universums, insbesondere zum Urknall und zur Dunklen Energie, neu überdacht werden müssen.

Warum ist der Wert für die Hubble Konstante so wichtig für die Kosmologie und Astrophysik? Die Hubble Konstante H0 ist mit vielen Eigenschaften des Universums verknüpft. Und auch viele grundlegende Theorien und Vorstellungen über dessen Entstehung und Aufbau hängen mit dem Wert der Hubble Konstante zusammen. Dazu gehören vor allem:

  • Theorie des Urknalls
  • Expansion des Universums
  • Alter des Universums
  • Dunkle Energie

Messungen, die zu einem anderen Wert für H0 führen, bedeuten deshalb auch, dass die damit verknüpften Werte wie zum Beispiel das Alter des Universums angepasst werden müssen.
Andererseits gibt es zurzeit auch keine Erklärung, warum die Messungen sich widersprechen. Die Diskrepanz könnte deshalb auch bedeuten, dass die Theorien zur Entstehung des Universums nicht vollständig oder eventuell auch falsch sind.

Die Frage: Ist die Hubble Konstante wirklich eine Konstante? hat deshalb viele weitreichende Konsequenzen. Hier fassen wir die wichtigsten Infos zum Thema Hubble Konstante zusammen und diskutieren deren Bedeutung. Dabei gehen wir insbesondere auf die interessanten Entwicklungen in den letzten Jahren ein.


Kosmische Entfernugsleiter
Kosmische Entfernungsleiter: Auch die Methoden zur Bestimmung von Entfernungen im Universum hängen mit der Hubble Konstante zusammen. Credit: NASA/JPL-Caltech

Hubble Konstante: Definition, Wert, Herleitung

Was ist die Hubble Konstante?

Die Hubble Konstante beschreibt die Geschwindigkeit, mit der die Ausdehnung des Universums erfolgt. Nach dem Urknall (Big Bang) vor ungefähr 13,6 Milliarden Jahren hat sich das Universum immer weiter ausgedehnt. Dabei erfolgt die Ausdehnung mit der Zeit immer schneller.

Die Hubble Konstante hängt also von der Entfernung und von der Zeit (dem Alter des Universums) ab. Beides ist durch die Einheiten der Hubble Konstante berücksichtigt: Die Hubble Konstante wird als Geschwindigkeit pro Entfernung und Zeit angegeben.

Aktueller Wert

Der Wert der Hubble Konstante befindet sich aktuell in der Diskussion. Grund hierfür sind Messungen durch verschiedene Methoden, die zum Teil sich widersprechende Werte für die Hubble Konstante ergeben.
Der noch bis vor einigen Jahren als relativ sicher geltende Wert beträgt:

H0 = 74 Kilometer pro Megaparsec und Sekunde

Dieser Wert war vor allem aus Messungen des Hubble Weltraumteleskops hergeleitet worden. Doch andere Methoden zur Messung der Hubble Konstante (vor allem: Kosmische Hintergrundstrahlung und Tip of the Red Giant Branch (TRGB) Methode) liefern Werte, die bei 72 bzw. 69 oder auch 67,4 Kilometer pro Megaparsec und Sekunde liegen.

Auf diese Diskrepanz gehen wir im Folgenden genauer ein. Dazu werfen wir zunächst einen Blick auf die verschiedenen Methoden, mit denen die Hubble Konstante gemessen bzw. hergeleitet werden kann. Dann besprechen wir, was die möglichen Erklärungen für die unterschiedlichen Ergebnisse sind. Und schließlich diskutieren wir, was die Diskrepanz der Messungen für die modere Astronomie bedeutet.

Hubble Konstante Herleitung

Der amerikanische Astronom Edwin Hubble hat als erster einen Wert für die Geschwindigkeit der Ausdehnung des Universums bestimmt. Dazu trug er eine Reihe von extragalaktischen Nebeln im sogenannten Hubble Diagramm auf und stellte einen Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit und der Entfernung der Nebel fest.

Die Geschwindigkeit der extragalaktischen Nebel leitete er dabei aus der Rotverschiebung ab. Die folgende Abbildung zeigt zwei Hubble Diagramme mit den Daten, welche Hubble und sein Kollege Humason 1929 bzw. 1931 veröffentlicht haben.

Hubble Diagramme mit Daten aus 1929 und 1931
Hubble Diagramme: Beide Grafiken zeigen den Zusammenhang zwischen der Entfernung und der Geschwindigkeit von Galaxien. Die erste Grafik (links) enthält die Daten von Galaxien aus der Veröffentlichung (Hubble 1929). Die zweite Grafik (rechts) umfasst mehr und auch weiter entfernte Galaxien (Daten aus Hubble und Humason 1931). Die Galaxien aus der ersten Grafik sind in der zweiten Grafik als rote Punkte (unten links) dargestellt.
Credit: Fraknoi, Morrison, Wolff (2022), Astronomy, 2nd edition

Methoden zur Bestimmung der Hubble Konstante

Es gibt zurzeit ungefähr 6 verschiedene Methoden, um die Hubble Konstante zu bestimmen. Zu den wichtigsten davon gehören:

  • Supernova Cepheiden
  • Kosmische Hintergrundstrahlung (CMB)
  • TRGB (Tip of the Red Giant Branch)

Im Folgenden gehen wir etwas genauer auf diese Methoden zur Messung der Hubble Konstante ein. Dann diskutieren wir die verschiedenen Werte für H0, welche sich aus den unterschiedlichen Messmethoden ergeben.

Quellen
Hubble E. (1929): A relation between distance and radial velocity among extra-galactic nebulae, Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 15(3), 168–173. https://doi.org/10.1073/pnas.15.3.168, https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.15.3.168
Hubble and Humason (1931). The velocity-distance relation among extra-galactic nebulae. The Astrophysical Journal, 74, 43-80, DOI: 10.1086/143323
Fraknoi, Morrison, Wolff (2022), Astronomy, 2nd edition, https://openstax.org/books/astronomy-2e/pages/26-5-the-expanding-universe
Freedman, W.L. (2021). Measurements of the Hubble Constant: Tensions in Perspective. The Astrophysical Journal, 919. https://iopscience.iop.org/article/10.3847/1538-4357/ac0e95
Di Valentino et al. (2021): In the realm of the Hubble tension – a review of solutions. Classical and Quantum Gravity, 38. https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1361-6382/ac086d