Quantencomputer

Sie basieren auf der Quantenphysik und statt mit Bits rechnen sie mit Qubits: Quantencomputer könnten schon in einigen Jahren Supercomputer in vielen Bereichen ersetzen. Was sind die Vorteile dieser Technologie, die lange Zeit als interessante Theorie galt, die aber praktisch nicht umsetzbar ist?

In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Informationen zum Thema Quantencomputer zusammen. Dabei gehen wir zuerst auf die quantenmechanischen Grundlagen der Technologie ein: Was sind Qubits, wie funktionieren Quantencomputer und warum sind sie auf manchen Gebieten dem klassischen Computer überlegen?

Dann geben wir einen Überblick zur Geschichte von Quantencomputern: Welches waren die wichtigsten Schritte von der Theorie zu den ersten Umsetzungen? Auch werfen wir einen Blick auf den aktuellen Stand der Entwicklungen auf diesem Gebiet: Welches sind zurzeit die leistungsfähigsten Quantencomputer?

In diesem Artikel wollen wir unter anderem auch diese Fragen beantworten:

  • Wie funktionieren Quantencomputer?
  • Was sind die Hauptunterschiede zum klassischen Computer?
  • Warum ist die praktische Umsetzung eines Quantencomputers so schwierig?
  • Wann wurde der erste Quantencomputer gebaut?
  • Welches sind interessante Anwendungen für Quantencomputer?
  • Wie hoch ist die Rechenleistung der aktuellen Quantencomputer?
  • Sind Quantencomputer die Computer der Zukunft?
Quantencomputer: Wellenfunktion und Superpositionsprinzip

Quantencomputer in der Theorie

Die Geschichte von Quantencomputern beginnt in den 1980er Jahren mit der Verknüpfung der Theorie über Computer mit den Prinzipien der Quantenmechanik.
Die wichtigsten Schritte waren dabei:

  • Der Physiker Richard Feynman erkennt, dass klassische Computer größere Systeme der Quantenphysik nicht effizient simulieren können. Der Rechenaufwand steigt exponentiell mit der Anzahl der zu berücksichtigenden Variablen. Er schlägt deshalb vor, Objekte der Quantenmechanik selbst als Computer zu nutzen.
  • Im Jahr 1980 entwarf Paul Benioff die Quanten Turing-Maschine
  • 1984 zeigen Bennet und Brassard, dass Methoden zur Verschlüsselung (Kryptographie) durch Quantencomputer entscheidend verbessert werden können.

In den folgenden Jahren gab es zahlreiche Fortschritte auf dem Gebiet der Algorithmentheorie für Quantencomputer. Dazu gehören vor allem:

  • Deutsch-Jozsa-Algorithmus (1985 und1992)
  • Shor-Algorithmus (1994)
  • Grover-Algorithmus (1996)

Diese Arbeiten zeigten theoretisch, dass Quantencomputer dem klassischen Computer in einigen Anwendungsbereichen prinzipiell überlegen sind.

Wie funktioniert ein Quantencomputer?

Quantencomputer sind nicht die nächste Generation von Computern. Zwar sind sowohl der Quantencomputer als auch der klassische Computer programmierbare Maschinen, die für Berechnungen genutzt werden können. Darüber hinaus haben sie aber wenig gemeinsam.

Ein klassischer Computer rechnet mit elektronischen Schaltkreisen. Quantencomputer hingegen rechnen mit den Zuständen von Quantensystemen. Das sind zum Beispiel Atome, Ionen, etc.
Damit ein Quantencomputer funktionieren kann, muss er bei einer Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt, also nahe 0 Kelvin bzw. -273 Grad Celsius betrieben werden.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ergibt sich aus den physikalischen Grundlagen. Klassische Computer basieren auf den Eigenschaften von Halbleitern und Schaltkreisen. Quantencomputer nutzen die Prinzipien der Quantenmechanik.

Quantenmechanische Grundlagen

Folgende Prinzipien und Konzepte der Quantenphysik bilden die Grundlage für Quantencomputer:

  1. Überlagerung von Zuständen (Superpositionsprinzip): Dies ermöglicht es, dass ein Quantencomputer nicht nur mit den Zuständen 0 und 1, sondern auch mit allen möglichen Kombinationen dieser beiden Zustande gleichzeitig rechen kann.
  2. Interferenz: Quantenzustände können nicht nur überlagern, sondern sich auch gegenseitig verstärken oder aufheben, ähnlich wie Wellen. Dies ermöglicht es, die Wahrscheinlichkeit von Lösungen zu beeinflussen.
  3. Tunneleffekt: Der Quantencomputer nutzt ein weiteres Phänomen aus der Quantenphysik, den Tunneleffekt, um aus allen möglichen Zuständen die richtige Lösung auszuwählen.
  4. Quantenverschränkung: Die verschiedenen Zustände eines quantenmechanischen Systems können miteinander verschränkt sein (quantum entanglement). Bei einem Quantencomputer wird dieses Prinzip genutzt, um die Recheneinheiten, die Qubits, logisch miteinander zu verknüpfen.
  5. Messung: In der Quantenmechanik hebt die Messung die Überlagerung der Zustände auf. Entsprechend hebt bei einem Quantencomputer das Auslesen der Qubits die Überlagerung der Zustände auf.

Wichtige Fortschritte auf dem Gebiet der Quantencomputer-Technologie

Welches waren die wichtigsten Schritte und Erfolge in der praktischen Umsetzung eines Quantencomputers? Und an welchen weiteren technologischen Entwicklungen wird aktuell geforscht, bzw. welche Fortschritte sind in Zukunft zu erwarten?

Erster Quantencomputer

Die erste experimentelle Umsetzung eines Quantencomputers gelang 1998 durch Wissenschaftler von IBM, MIT und Berkeley. Sie wendeten nukleare magnetische Resonanz auf eine Lösung aus Chloroform-Molekülen an und implementierten so den Grover-Algorithmus (siehe Kapitel: Quantencomputer in der Theorie). Das System bestand dabei aus 4 Zuständen, der erste Quantencomputer verfügte also über 2 Qubits.

Quantenüberlegenheit

Im Oktober 2019 verkündeten Wissenschaftler des Google AI Lab, dass sie mit dem 54 Qubit Quantencomputer “Sycamore” Quantenüberlegenheit erreicht haben.

Mit dem Begriff Quantenüberlegenheit beschreibt man – sehr vereinfacht ausgedrückt – Situationen, in denen ein Quantencomputer die Aufgabe deutlich schneller erledigen kann als ein klassischer Computer.

In der zugehörigen Publikation im Wissenschaftsjournal Nature ist beschrieben, dass der Google Quantencomputer eine bestimmte Rechnung in 200 Sekunden durchgeführt hat, für die der damalige schnellste Supercomputer 10.000 Jahre brauchen würde.

Einige Wissenschaftler zweifeln allerdings an, dass dieser Vergleich so richtig ist und auch ob damit tatsächlich Quantenüberlegenheit bewiesen ist. Die Diskussionen hierzu sind noch nicht zu Ende, aber in jedem Fall war der Sycamore ein wichtiger Schritt in der Geschichte der Quantencomputer.

Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantencomputer
Shor, P.W. (1995). Polynomial-Time Algorithms for Prime Factorization and Discrete Logarithms on a Quantum Computer. SIAM J. Comput., 26, 1484-1509. https://arxiv.org/abs/quant-ph/9508027v2
Chuang, Gershenfeld, Kubinec (1998): Experimental Implementation of Fast Quantum Searching. Physical Review Letters, 80. 3408-3411. 10.1103/PhysRevLett.80.3408
Martinis, Boixo (Oktober 2019):  „Quantum Supremacy Using a Programmable Superconducting Processor“. (Vereifachte ZUsamnenfassung, englkisch)
Arute, F., Arya, K., Babbush, R. et al. (2019): Quantum supremacy using a programmable superconducting processor. Nature 574, 505–510, https://doi.org/10.1038/s41586-019-1666-5